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Vererben: Supervermächtnis und Berliner Testament im Vergleich

Keine Frage, das Testament ist ein unverzichtbares Instrument einer professionellen Nachlassplanung. Wer eines Tages Ihr Vermögen erbt, bestimmen Sie allein. Das gilt allerdings nur, wenn Sie Ihr Erbe zu Lebzeiten regeln – mit einem rechtlich einwandfreien Testament oder Erbvertrag.
Die beliebteste Form des gemeinschaftlichen Testaments hierzulande ist das Berliner Testament. Das Prinzip dabei: Die Ehegatten oder eingetragenen Ehepartner bestimmen sich gegenseitig als Alleinerben. Sobald auch der zweite Ehegatte stirbt, fällt der gesamte Nachlass auf die Schlusserben, in der Regel die Kinder. Durch diese Form der Gestaltung scheint die wirtschaftliche Absicherung und Unabhängigkeit des überlebenden Ehepartners gewährleistet.
Nachteile des Berliner Testaments
Doch das kann sich möglicherweise als Trugschluss erweisen. Denn mit dem Berliner Testament werden die Kinder im ersten Erbfall im Grunde enterbt. Sie können daher Pflichtteilsansprüche gegen den überlebenden Ehepartner geltend machen. Abgesehen von der möglicherweise unerwünschten finanziellen Belastung des überlebenden Ehepartners kann ein solcher Streit um den Pflichtteil natürlich innerhalb der Familie zu großen atmosphärischen Störungen führen. Darüber hinaus kann das Berliner Testament aber auch zu erheblichen Steuernachteilen führen, vor allem bei hohen Vermögenswerten.
Die Steuernachteile treffen dann insbesondere die Schlusserben. Denn die Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder und der eventuell bereits vorhandenen Enkelkinder verpuffen im ersten Erbfall ungenutzt.
Eine Alternative kann das sogenannte Supervermächtnis sein. Der Begriff bedeutet, dass der überlebende Ehepartner in der Frage, wann, in welcher Höhe und an wen das Vermächtnis zur Auszahlung kommt, einen extrem weiten Entscheidungsspielraum hat. Mit solchen Freiheiten ausgestattet kann er nach dem Eintritt des Erbfalls die Vermächtniserfüllung nach Belieben steuern. Auf diesem Wege kann er sowohl eigene Interessen berücksichtigen als auch Pflichtteilsansprüchen der Kinder aus dem Weg gehen.
Außerdem ermöglicht das Supervermächtnis eine effiziente Nutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge. Denn es wird verhindert, dass das Vermögen zwei Mal versteuert wird – einmal beim Tod des ersten Ehepartners und einer Übertragung des Vermögens auf den anderen und dann erneut bei der Vererbung an die Kinder.
Ein wichtiger Zweck des Supervermächtnisses ist die teilweise oder komplette Ausnutzung des Steuerfreibetrags, was so auch ausdrücklich im Testament steht. Es ist ein legitimer Zweck, sodass hier kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Wenn ein Berliner Testament um ein Supervermächtnis ergänzt wird, lassen sich beim ersten Erbgang zeitlich versetzt steuerliche Vorteile nutzen und die Ausführung in der Zukunft bestimmen.
Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten
Die Nutzung des Supervermächtnisses kann in verschiedenen Szenarien sinnvoll sein. Werden zum Beispiel die Kinder enterbt und es drohen Pflichtteilsstreitigkeiten oder ein sonstiger Erbstreit, kann ein variables Vermächtnis eine Entschädigung ermöglichen. Es kann dabei helfen, die Situation nach einem Erbfall zu entspannen. Auch bei einer noch unklaren Unternehmensnachfolge lässt sich die Auswahl des oder der Nachfolger sowie der Ausgleich für die anderen Erben durch ein Supervermächtnis organisieren. Außerdem kann hiermit die Vermögensverteilung und Steueroptimierung auf die Zeit nach dem Erbfall verlagert werden. So lassen sich Freibeträge oder günstigere Tarifstufen der Kinder oder weiterer Beteiligter nutzen.
Ein weiteres denkbares Szenario: Bei insolventen, drogenabhängigen, erwerbsunfähigen, erkrankten und anders mit Sonderthemen belasteten Kindern kann es vorteilhaft sein, deren Erbe von den späteren Umständen abhängig zu machen. Auch um bei Fehlentwicklungen reagieren zu können oder das Kind durch Festlegung eines Zweckes zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren.
Nicht zuletzt kann ein Supervermächtnis für Unentschlossene den Erwartungsdruck nehmen, weil Dritte später die Entscheidung über die Vermögensnachfolge treffen. So können unter Vornahme einer Zweckbestimmung mehrere potenzielle Vermächtnisempfänger festgelegt und den Erben oder dem Testamentsvollstrecker die Letztauswahl überlassen werden.
Das Supervermächtnis – ein Fazit
Das Supervermächtnis ist im Vergleich zu Vermächtnissen in einem normalen Testament somit deutlich flexibler. Die Ehepartner können damit einen Teil ihrer Nachfolgeplanung auf einen Zeitpunkt verschieben, zu dem feststeht, welche der gemeinsamen Vermögenswerte der überlebende Ehegatte benötigt und wie sich die persönlichen Verhältnisse und die Vermögenssituation der Kinder entwickelt haben.
Aus verschiedenen Gründen wird indes vom Einsatz allzu weit reichender Drittbestimmungsrechte abgeraten und eine zielgenaue Ausformulierung empfohlen. Für die steuerliche Anerkennung eines Termins und somit der Fälligkeit wird für erforderlich gehalten, dass der überlebende Ehegatte das Vermächtnis noch zu seinen Lebzeiten erfüllt und nicht zuvor verstirbt. Wenn der Zweck die Ausnutzung der Erbschaftsteuerfreibeträge der Begünstigten nach dem Erstversterbenden beschreibt, ist das passend. Bei zu weiter Auslegung des Supervermächtnisses besteht die Gefahr, dass eine nahestehende Person gegebenenfalls leer ausgeht, wenn der Dritte dies später so entscheidet. Somit können präzise und vorsichtige Einzelvermächtnisse eine geeignete Wahl darstellen.
Insgesamt erlaubt das Supervermächtnis, dass ein Dritter nach dem Erbfall entscheidet, „wer“ „wann“ „was“ erhalten soll. Es ist damit ein flexibles Gestaltungsinstrument.

Über den Autor:
Maximilian Kleyboldt ist Direktor Wealth Planning bei der Bethmann Bank. Der vom FPSB zertifizierte Finanzplaner ist zugleich Co-Vorstand bei dem Finanzplanerverband FPSB Deutschland.