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Robeco-Experten über Klimaschutz Das Thema wird wichtiger, braucht aber klarere Konturen

Unilever in Rotterdam
Unilever-Gebäude in Rotterdam, Niederlande: Der Konzern zählt zu den Unternehmen, die für ihre Klimastrategie die höchsten Zustimmungsquoten erhalten haben – 99 Prozent seiner Aktionäre unterstützen die Vorschläge. | Foto: imago images / IP3press

Meist geht es bei den vom Management festgelegten Tagesordnungspunkten für eine Hauptversammlung um Fragen der Unternehmensführung. Zum Beispiel die Wahl von Board-Mitgliedern und deren Vergütung. Ökologische oder soziale Aspekte sind nicht so oft auf der Tagesordnung zu finden, sofern nicht ein Investor oder eine Gruppe von Anlegern erfolgreich einen Aktionärsbeschluss einbringt. Durch solche Beschlüsse werden häufig bestimmte Berichte oder Richtlinien zu ESG-Aspekten angefordert wie die Beseitigung von Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen, Lobby-Tätigkeiten und die Entwicklung von Strategien zur Bewältigung des Klimawandels.

Das Mitspracherecht beim Klima ist dagegen etwas Neues. Denn es bedeutet, dass das Management eines Unternehmens jetzt von sich aus Vorschlägen zu Nachhaltigkeitsthemen unterbreitet. Hier – zumindest, was wir bisher gesehen haben – geht es um eine vom Management vorgestellte Strategie für die Energiewende, in der die Geschäftsleitung ihren Plan darlegt, die mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Aktionäre dürfen über diese Pläne abstimmen und so zum Ausdruck bringen, ob das betreffende Unternehmen ihrer Meinung nach auf dem richtigen Weg zur Dekarbonisierung ist oder seine Strategie von Grund auf überarbeiten muss.

Stimmen Aktionäre häufig über klimabezogene Vorschläge ab, sollte das Effekte haben

Das Mitspracherecht beim Klima besitzt ähnlich großes Potenzial wie das Mitspracherecht bei der Vergütung. Wenn Aktionäre häufig über klimabezogene Vorschläge abstimmen dürfen, wird dies schließlich zur Entstehung bewährter Praktiken, zu mehr Publizität und zu einer stärkeren Rechenschaftspflicht über die Klimapläne eines Unternehmens führen. Denn wenn Aktionäre über etwas abstimmen müssen, dann wollen sie auch verstehen, wofür sie votieren.

Zieht man Parallelen zum Mitspracherecht bei der Vergütung, könnte man sagen, dass die Vergütung von Führungskräften im Laufe der Jahre nicht erfolgreich gesenkt wurde. Zumindest aber ist die Berichterstattung darüber besser geworden, und in vielen Fällen konnten sich Aktionäre für Verbesserungen in der Ausgestaltung der Vergütungspolitik stark machen.

Dilemmas und Diskussionen zwischen Investoren

Auch wenn das Mitspracherecht beim Klima das Potenzial besitzt, die Rechenschaftspflicht eines Unternehmens in Bezug auf den Klimawandel zu verbessern, befürworten nicht alle Beteiligten diese neue Art von Aktionärsbeteiligung. Viele vertreten den Standpunkt, dass eine solche Abstimmung das Management davon abhält, weitere Veränderungen in Bezug auf den Klimawandel vorzunehmen. Oder sogar, dass Aktionäre für den Klimawandel haftbar gemacht werden können, wenn sie solchen Plänen zustimmen.

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Deshalb ist es wichtig, dass das Management klarstellt, wofür ein Aktionär stimmt. Geht es der Geschäftsleitung darum festzustellen, auf wie viel Zustimmung seine Klimaschutzmaßnahmen bei den Aktionären stößt, ist eine konsultative Abstimmung auf Basis eines Klimaberichts sinnvoller. Mitunter konkurrieren Vorschläge des Managements auch mit eigenen klimabezogenen Vorschlägen der Aktionäre. Es ist dann Sache der Investoren zu entscheiden, welchen Vorschlägen sie zustimmen.

Im Allgemeinen haben wir diese Vorschläge bisher unterstützt, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu zählt beispielsweise, ob sich das Unternehmen ein Ziel für Klimaneutralität gesetzt oder einen konkreten Plan vorgelegt hat, wie es seine lang-, mittel- und kurzfristigen Ziele erreichen will. Zudem verlangen wir, dass Vorschläge auf einer an den Pariser Klimazielen ausgerichteten Analyse von Szenarien basieren und über Fortschritte entsprechend den Vorgaben der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) berichtet wird. Wenn keine unsere Kriterien erfüllenden Vorschläge zum Mitspracherecht beim Klima gemacht wurden, stimmten wir meistens für andere klimabezogene Vorschläge von Aktionären.

Hohe Zustimmungsquoten

Die ersten Abstimmungen zum Klima-Mitspracherecht fanden breite Unterstützung durch die Aktionäre. Unilever zählt zu den Unternehmen, die für ihre Klimastrategie die höchsten Zustimmungsquoten erhalten haben – beeindruckende 99 Prozent seiner Aktionäre unterstützen die Vorschläge. Auch mehrere Unternehmen in traditionell CO₂-intensiven Sektoren erhielten erhebliche Unterstützung durch ihre Aktionäre: Total bekam 92 Prozent Zustimmung, Royal Dutch Shell erhielt 88 Prozent Zustimmung für seinen Energiewende-Plan, und bei Glencore waren es 94 Prozent. Canadian National Railways – eines der ersten Unternehmen, das seinen Aktionären einen Vorschlag zum Mitspracherecht beim Klima unterbreitet hat – erhielt 92 Prozent Unterstützung.

Was sagt uns das? Dass Aktionäre die Klimaschutzpläne von Unternehmen durchwinken? Auch wenn es vielleicht so aussehen mag, ist dies nicht unbedingt der Fall. Aber es gibt mehrere Gründe, optimistisch zu sein, was die Nützlichkeit einer solchen Abstimmung angeht.

Gesellschaften, die Abstimmungen zum Mitspracherecht beim Klima durchgeführt haben, taten dies freiwillig. Deshalb fällt es ihnen wahrscheinlich leichter, ihre Klimaschutzpläne zu präsentieren, als Unternehmen, die damit noch zu kämpfen haben. Sollten Nachzügler über ihre Pläne abstimmen lassen, dürften diese Pläne wahrscheinlich auf größeren Widerstand stoßen. Doch solange die Abstimmungen freiwillig sind, wird es wahrscheinlich so bald nicht dazu kommen. Außerdem sind diese Vorschläge für viele Aktionäre neu.

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