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„Das Vertrauen in Gold ist auf Monate gestört“

Daniel Briesemann, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank
Daniel Briesemann, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank
DAS INVESTMENT.com: Ist der Goldpreisverfall in Ihren Augen noch eine Korrektur oder schon ein Crash?

Daniel Briesemann: Sagen wir mal, es ist eine sehr ausgeprägte Korrektur. Aber theoretisch kann man auch den Begriff Crash schon sehr gut verwenden.

DAS INVESTMENT.com: Wer hat denn da eigentlich Material auf den Markt geschüttet?

Briesemann: So ganz genau wird man das erst in ein paar Wochen erfahren – wenn überhaupt. Es ist fast alles am Futures-Markt gelaufen. Es gibt Gerüchte, dass einige US-Investmentbanken massiv verkauft haben. Ich kann mir das gut vorstellen, die haben eine enorme Macht am Markt.

DAS INVESTMENT.com: Manche behaupten, das sei nur alles Papier-Gold, was mit dem echten Gold nichts zu tun hat.

Briesemann: Das stimmt nicht. Die Futures-Märkte und der Kassamarkt orientieren sich aneinander und liegen damit nicht weit auseinander. Wäre das anders, gäbe es enorme Möglichkeiten zur Arbitrage. Das würden Marktteilnehmer ausnutzen.

DAS INVESTMENT.com: Und was ist mit dem Vorwurf, der Markt sei manipuliert?

Briesemann: Dazu möchte ich mich nicht äußern. Aber es war schon auffällig, dass negative Nachrichten und Ereignisse so gesammelt auftraten. Zusammen mit diversen gesenkten Kurszielen von Investmentbanken. Die US-Börsenaufsicht CFTC hat mittlerweile angekündigt, die Preisbewegungen bei Gold und Silber zu untersuchen.

DAS INVESTMENT.com: Das passiert am Aktienmarkt alle paar Jahre.

Briesemann: Aber bei dem doch recht behäbigen Goldmarkt, war es ungewöhnlich.

DAS INVESTMENT.com: Wer Goldanlagen erschafft, in die Anleger schnell rein können, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sie auch schnell rausrennen.

Briesemann: Die Abflüsse aus Exchange Traded Commodities, ETC, waren an den bewussten Tagen gar nicht so hoch. Das waren Freitag, Montag und Dienstag gerade mal 30 Tonnen. Am Futures-Markt wurden dagegen allein am Montag 750.000 Kontrakte gehandelt, 45 Prozent mehr als der bisherige Rekord. Das entspricht 2.300 Tonnen Gold. An einem Tag. Übrigens lässt sich ein enormer Unterschied zwischen institutionellen und privaten Anlegern beobachten. Privatanleger sehen die Preise als Kaufgelegenheit und greifen bei Barren und Münzen kräftig zu.

DAS INVESTMENT.com: Wie weit kann der Goldpreis fallen?

Briesemann: Fundamental ist das unmöglich zu sagen. Wir arbeiten derzeit eng mit unserer technischen Analyse zusammen. Die sieht eine Unterstützungslinie knapp über 1.300 Dollar je Unze. Wichtig ist aber, dass mit sinkendem Kurs das Angebot zurückgeht. Industriekreisen zufolge soll das Altgoldangebot in diesem Jahr um 35 Prozent sinken. Und das stellt ein Drittel des gesamten weltweiten Angebots.

DAS INVESTMENT.com: Ist die Funktion von Gold als sicherem Hafen erschüttert?

Briesemann: Das Vertrauen ist sicherlich auf Monate gestört. Aber fundamental hat sich ja an der Lage nichts geändert. Die nicht nachhaltig gelöste Euro-Schuldenkrise, die extrem lockere Geldpolitik vieler Zentralbanken und die sehr niedrigen Zinsen sprechen weiter für Gold als wertstabile Sachanlage. Wir sind deshalb auch überzeugt, dass der Preis im Laufe des Jahres wieder steigt.

DAS INVESTMENT.com: Auch Aktien sind eine Sachanlage, aber da arbeitet das Geld wenigstens und liegt nicht rum.

Briesemann: Auch Aktien schützen nicht vor Verlusten. Aber in der Tat reden jetzt viele, vor allem in der Presse, die Anlage in Gold herunter. Da ist es schwer, gegenzuhalten.

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