Inflation in Deutschland Welche Versicherungen sich jetzt besonders stark verteuern
Das vergangene Jahr war geprägt von krisen- und kriegsbedingten Sondereffekten. Das gilt insbesondere für die Verbraucherpreise in Deutschland, die im Jahresdurchschnitt um 7,9 Prozent gegenüber 2021 gestiegen sind. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aktuell mitteilt, lag die Jahresteuerungsrate damit deutlich höher als in den vorangegangenen Jahren. So hatte sie im Jahr 2021 noch bei 3,1 Prozent gelegen.
„Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben“, erklärt Destatis-Präsidentin Ruth Brand. Im Dezember lag die als Veränderung des Verbraucherpreisindex zum Vorjahresmonat gemessene Inflationsrate bei 8,6 Prozent. Sie schwächte sich damit zum Jahresende ab, blieb aber auf einem hohen Niveau.
Krisen- und kriegsbedingte Sondereffekte
Die monatlichen Inflationsraten waren im gesamten Jahr 2022 hoch und erreichten im September die 10-Prozent-Marke. Der höchste Wert wurde im Oktober mit 10,4 Prozent ermittelt. „Krisen- und kriegsbedingte Sondereffekte wie Lieferengpässe und deutliche Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen prägten den gesamten Jahresverlauf“, so Brand weiter. Für die Verbraucher verteuerten sich insbesondere Energie und Nahrungsmittel.
Aber auch die Versicherungsbranche sei von den steigenden Kosten betroffen: „Die anhaltende Inflation hat einen gravierenden Einfluss auf das Versicherungsgeschäft“, erwartet Herbert Schneidemann, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Die in dem Berufsverband zusammengeschlossenen Versicherungsmathematiker rechnen aber mit sehr unterschiedlichen Folgen für die Sparten Schaden- und Unfall-, Kranken- und Lebensversicherung.
Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass spürbare Kostenteigerungen in der Schadenregulierung von Versicherern zu beobachten sind, die wiederum zu höheren Beiträgen führen werden oder bereits geführt haben. „So haben viele zum Jahreswechsel die ersten Auswirkungen in Form von gestiegenen Beiträgen zur Kfz-Versicherung bemerkt“, erklärt Schneidemann. Und es sei mit weiteren kurzfristigen Preiserhöhungen zu rechnen.
Teurere Schaden- und Unfallversicherungen
Hallo, Herr Kaiser!
Höhere Beiträge prognostiziert auch Andreas Meyerthole, Geschäftsführer der aktuariellen Beratungsgesellschaft MSK aus Köln: „Ein indexbasierter Inflationsausgleich kann steigende Schadenbelastungen nicht ausgleichen.“ Das zeige zum Beispiel der Anpassungsfaktor für Wohngebäude-Policen. Denn durch fortlaufende Inflationseffekte berge die zeitverzögerte Beitragsanpassung zusätzliche Risiken. „Für Kraftfahrt-Kasko ergibt sich ein ähnliches Bild.“
Gleichwohl habe die Entwicklung des vergangenen Jahres auch positive Effekte mit sich gebracht, betont Schneidemann. „Zweifelsohne haben sich durch die mit der Inflation einhergehenden gestiegenen Zinsen die Ertragsaussichten in der Kapitalanlage, insbesondere der Lebensversicherer, verbessert.“ Allerdings ist ein Großteil der Kapitalanlagen in festverzinslichen und länger laufenden Anleihen investiert.
Einfluss auf die LV-Überschussbeteiligungen
„Im Marktdurchschnitt deutlich steigende Überschussbeteiligungen sind für den Großteil der Branche dennoch erst mittelfristig zu erwarten“, erwartet Schneidemann. „Denn nur die Neuanlage kann von dem attraktiveren Zinsumfeld profitieren.“ Da viele Versicherer noch einen großen Teil an lange laufenden und im Niedrigzinsumfeld erworbenen Anleihen mit noch historisch niedrigen Zinsen halten, können sie erst mit zeitlicher Verzögerung daran teilhaben.
PKV von Inflation aktuell weniger betroffen
Und für die Beitragserhöhungen in der Privaten Krankenversicherung (PKV) sei die sogenannte medizinische Inflation maßgeblich. Sie zeigt die Leistungssteigerungen in den Tarifen der PKV an. „Die aktuell zu beobachtenden Folgen der allgemeinen Teuerungsrate und die damit einhergehenden Zinserhöhungen haben sich im Jahr 2022 noch nicht in deutlich steigenden Kosten bei den privaten Krankenversicherungen manifestiert“, beobachtet Schneidemann.
„In der Folge steigen die Beiträge im Jahr 2023 im Rahmen der Erhöhungen der Vorjahre.“ Zusätzliche beitragserhöhende Effekte aufgrund der gestiegenen Inflation auf die Prämien seien erst im Jahr 2024 und danach zu erwarten. Hierbei könne das gestiegene Zinsniveau mittelfristig auch zu einem gegenläufigen, entlastenden Effekt führen. „ Das heißt, dass sich die Folgen der Inflation bei den privaten Krankenversicherungen erst noch zeigen werden“, so Schneidemann weiter.