Mit dem Acatis Small Diamonds Fonds (ISIN: DE000A40HHD5), der im Dezember 2024 gestartet ist, sucht David Houdek ganz bewusst nach unspektakulären Nebenwerten, die jedoch seit vielen Jahren kontinuierlich ihren Unternehmenswert steigern. Im Interview erklärt er, warum er auf stille Qualität statt laute Versprechungen setzt – und welche Parallelen es zwischen Investieren und Extremsport gibt.

DAS INVESTMENT: Herr Houdek, wir haben gehört, Sie waren mal Weltrekordhalter. Was hat es damit auf sich?

David Houdek: (schmunzelt) Ja, vor etwa 20 Jahren habe ich mit einem Team den Weltrekord im Dauerrutschen aufgestellt. Das wurde sogar von Pro Sieben für die Sendung „Galileo“ begleitet. Wir sind 24 Stunden lang ununterbrochen eine Wasserrutsche runter und die Treppen wieder rauf. Jeder von uns hat dabei etwa 8.000 Höhenmeter bewältigt – also wie ein Aufstieg vom Meeresspiegel bis in den Himalaya innerhalb eines Tages.

Achtung, gewagte Überleitung: Im April ging es für Ihren Fonds – wie an den Aktienmärkten – rasant runter. Mittlerweile ist der Acatis Small Diamonds wieder im Plus. Hat Ihnen das marktbedingte Absacken Sorgen bereitet?

Houdek: Überhaupt nicht. Man sagt ja: Diamanten werden unter hohem Druck erschaffen. Unsere Unternehmen haben sich bereits mehrfach in schwierigen Zeiten bewährt und in vielen Marktphasen robust entwickelt. Der Acatis Small Diamonds lässt sich nicht vom Börsenwetter treiben. Wir folgen mit unserem Kompass einem klaren Weg und richten uns nicht wie ein Fähnchen im Wind aus.

Was verbirgt sich denn genau hinter Ihrer Anlagestrategie?

Houdek: Der Fonds investiert in Qualitätsaktien innerhalb der Nebenwerte, die eher abseits des Rampenlichts laufen – Unternehmen, die fortlaufend Gewinne erwirtschaften und ihren Unternehmenswert kontinuierlich steigern. Diese langfristig orientierten, soliden Unternehmen mit hoher Qualität und stabilen Geschäftsmodellen findet man dort oftmals zu attraktiven Bewertungen. Wir suchen nach verlässlicher Qualität und investieren, wenn die Bewertung stimmt.

Sie waren schon früh entgegen dem Trend vor allem in Nebenwerten in Europa investiert – und weniger in US-Werten. Warum?

Houdek: Zunächst möchte ich den Begriff „Nebenwerte“ einmal zurechtrücken. Oft wird das als Nischensegment am Kapitalmarkt beschrieben, aber eigentlich spielen die Nebenwerte die Hauptrolle an der Börse. 90 Prozent der Unternehmen am Kapitalmarkt sind Small Caps mit einer Marktkapitalisierung unter 5 Milliarden Euro. Wir reden über mehrere zehntausend Unternehmen. Wer nur auf Large Caps schaut, betrachtet den Aktienmarkt durch ein Schlüsselloch – wir suchen den Blick durch das Panoramafenster.

Uns steht also eine riesige Auswahl von Unternehmen zur Verfügung, in denen wir gezielt nach beständigen Qualitätsaktien suchen. Und in Europa finden wir aktuell deutlich mehr mit attraktiven Bewertungen, aber das ist nur eine temporäre Geschichte. Grundsätzlich ist der Acatis Small Diamonds ein globaler Aktienfonds, der theoretisch auch zu 70 Prozent in den USA investiert sein könnte.

Sie haben den Begriff „Weiter-so-Aktien“ für Ihren Ansatz geprägt. Was genau steckt dahinter?

Houdek: Ich suche Unternehmen, die wie ein Schweizer Uhrwerk funktionieren – gestern, heute, morgen. Sie brauchen keine große Fantasie, ihr Geschäftsmodell läuft einfach mit einem klaren Takt. Im Nebenwertebereich gilt oft: Gehört wird nur, wer fleißig trommelt. Ich suche bewusst die ruhigen Unternehmen, die keiner großen Vision bedürfen, sondern unaufgeregt seit Jahren erfolgreich sind und diesen Erfolg weiter so fortsetzen können, daher „Weiter-so-Aktien“.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?

Houdek: Ein gutes Beispiel ist die Groupe Guillin, ein französisches Familienunternehmen in zweiter Generation. Fast jeder Konsument in Europa hatte deren Produkte schon in der Hand – sie sind Marktführer für Papier- und Plastikverpackungen für frische Lebensmittel. Wenn Sie im Supermarkt Blaubeeren, Himbeeren oder geschnittene Melonen kaufen, stammt die Verpackung wahrscheinlich von ihnen.

Die Firma hat ihren Buchwert pro Aktie über die letzten 20 Jahre im Durchschnitt sehr zuverlässig um 10 bis 11 Prozent pro Jahr gesteigert. Sie schüttet regelmäßig Dividenden aus, aktuell mit einer Rendite von über 4 Prozent. Das Unternehmen ist schuldenfrei und ich kann es momentan unter Buchwert und mit einem KGV im einstelligen Bereich kaufen. Solche Bewertungen findet man sonst nur bei Unternehmen, die im zehnten Jahr den Turnaround versprechen. Oder eben bei Unternehmen, die den meisten Anlegern noch völlig unbekannt oder zu unspektakulär sind.

Wie finden Sie solche „kleinen Langweiler“?

Houdek: Das ist Handarbeit und viel Aufwand. Das Universum ist riesig, aber wir haben gute Systeme bei Acatis. Quantitative Filter helfen mir, Unternehmen zu finden, die in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren stabil gewachsen sind. Anschließend analysiere ich sie im Detail, lese Geschäftsberichte und Branchenberichte, spreche mit Kunden, Wettbewerbern und dem Management. KI hilft mir dabei, große Datenmengen aufzuarbeiten.

Ich suche nach offensichtlicher Qualität – nicht danach, was hundert Analysten übersehen haben und ich als Hunderterster entdecke. Am Ende kristallisiert sich dann im besten Fall ein kleiner Diamant heraus.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
Externe Inhalte anpassen

An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der unseren Artikel ergänzt. Sie können sich die externen Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen. Die eingebundene externe Seite setzt, wenn Sie den Inhalt einblenden, selbstständig Cookies, worauf wir keinen Einfluss haben.

Externen Inhalt einmal anzeigen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt und Cookies von diesen Drittplattformen gesetzt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bei Small Caps ist Corporate Governance ein wichtiger Faktor. Wie achten Sie darauf?

Houdek: Das Governance-Thema spielt bei Value-Investoren generell eine große Rolle. Ich achte besonders auf die Vergütungsstrukturen: Werden Manager für die richtigen Kennzahlen bezahlt oder für solche, die für sie nur einfach zu erreichen sind? Sind die Manager selbst am Unternehmen beteiligt? Sind sie seit vielen Jahren dabei?

Die meisten unserer Unternehmen werden entweder von Inhaberfamilien geführt oder haben bedeutende Großaktionäre. Über 80 Prozent der Unternehmen im Portfolio haben Gesellschafter, die eine wichtige Rolle im Unternehmen spielen.

Ihr Fondsvolumen liegt mittlerweile bei über 10 Millionen Euro. Ab wann würden Sie von einem Erfolg sprechen?

Houdek: Ein Volumen von 50 Millionen Euro wäre eine gute Größenordnung, um den Fonds als erfolgreich zu bezeichnen. Für mich ist allerdings die Performance wichtiger als die Assets under Management, denn ich bin selbst Investor der ersten Stunde. Der Fonds sollte auch nicht zu groß werden, damit wir weiterhin flexibel in Nebenwerte investieren können. Aber das ist momentan noch so ein bisschen wie über Bevölkerungsprobleme auf dem Mars zu diskutieren.

Zum Schluss noch einmal zurück zum Dauerrutschen. Konnten Sie eine Lehre daraus für Ihr Berufsleben mitnehmen?

Houdek: Definitiv! Das gegnerische Team machte den Fehler, sich nach 16 Stunden auszuruhen. Danach sind drei von ihnen nicht mehr aufgestanden. Wir haben durchgehalten und gewonnen. Diese Erfahrung hat mir gezeigt: Beständigkeit und Durchhaltevermögen sind entscheidend – auch bei der Geldanlage. Für mich ist ein guter Nebenwert kein umjubelter Sprinter, sondern ein Dauerläufer ohne viel Applaus.

Über David Houdek und Acatis

David Houdek, Jahrgang 1986, ist Portfoliomanager bei der Acatis Investment KVG in Frankfurt am Main. Der gebürtige Dresdner begann seine Karriere mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann und studierte anschließend berufsbegleitend BWL. Nach Stationen bei verschiedenen Asset Managern im In- und Ausland kam er 2023 zu Acatis.

Spannende Anekdote: Obwohl er sich in der Vergangenheit bereits zweimal initiativ bei Acatis beworben hatte, kam der Job letztlich über einen Headhunter zustande. Als dieser ihm eine Position bei einem „renommierten Finanzdienstleister in Frankfurt“ anbot und schließlich den Namen Acatis nannte, war für Houdek klar: „Wo kann ich unterschreiben?“

Die Acatis Investment Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH mit Sitz in Frankfurt am Main ist seit 1994 auf aktives Value Investing spezialisiert. Das unabhängige Unternehmen betreut Publikums- und Spezialfonds sowie individuelle Mandate für private und institutionelle Anleger und verwaltet insgesamt 10,1 Milliarden (Stand: 21. Mai 2025).