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Dax-Erfinder Frank Mella „Die nächste Dax-Verzehnfachung steht frühestens in 40 Jahren an“

Dax-Erfinder Frank Mella (Foto: Boris Rössler/dpa)
Dax-Erfinder Frank Mella (Foto: Boris Rössler/dpa)
DAS INVESTMENT.com: Der Dax über 10.000 Punkte – haben Sie, als Ihr Index Anfang Juli 1988 an den Start ging, je darüber nachgedacht, ob und wann Sie diesen Tag erleben?

Frank Mella: Nein, habe ich nicht. Obwohl es natürlich eine recht simple Rechenaufgabe gewesen wäre. Ende der 80er Jahre lautete die herrschende Meinung, dass Aktien im Durchschnitt eine Rendite von 8 bis 10 Prozent pro Jahr erzielen. In diesem Korridor liegen wir genau drin, man hätte das Jahr 2014 also durchaus voraussagen können. Aus heutiger Sicht ist es etwas schwieriger, künftig erscheinen höchstens 6 Prozent realistisch. So gerechnet steht die nächste Verzehnfachung frühestens in 40 Jahren an, nicht in 26.

DAS INVESTMENT.com:
Wann war Ihnen klar, dass sich der Dax durchgesetzt hat und fortan als konkurrenzloses Barometer für deutsche Aktien gelten würde?

Mella: Ende 1990, als die ersten Dax-Futures an die Börse kamen. Zuvor lief es eher zäh, es gab ja noch zehn konkurrierende Indizes. Ein kurz nach der Dax-Premiere erstmals aufgelegter Indexfonds der Commerzbank orientierte sich natürlich am hauseigenen Commerzbank-Index, wieder zwei Monate später platzierten Deutsche Bank und Bankers Trust einen Optionsschein auf den FAZ-Index. Geholfen hat uns in der Anfangsphase das Fernsehen: Als die Frankfurter Börse im Oktober 1988 ihre berühmte Vollmatrix-Tafel in Betrieb nahm und dort den Dax-Verlauf anzeigte, wurde diese Kurve sofort Bestandteil der damals bundesweit auf Sat1 ausgestrahlten Telebörse. Ein echter Knaller!

DAS INVESTMENT.com:
Anfang der 90er Jahre war der Terminhandel auf Indizes etwas total Exotisches. Im vergangenen Jahr hat die Frankfurter Börse allein mit Dax-Futures ein Kontraktvolumen von knapp 6 Billionen Euro umgesetzt. Ist Ihnen bei dieser Entwicklung nicht manchmal etwas mulmig zumute?

Mella: Durchaus. Zum ersten Mal habe ich dieses Unbehagen verspürt, als Nick Leeson mit seinen Spekulationen auf den Nikkei-Index die Barings Bank in die Pleite trieb. So ganz Unrecht hat der US-Investor Warren Buffett nicht, wenn er Derivate als Massenvernichtungswaffen bezeichnet. Letztlich sehe ich es jedoch so: Nicht die Instrumente an sich sind gefährlich. Es kommt darauf an, wer sie wozu gebraucht.

DAS INVESTMENT.com:
Wenn Sie zurückblicken – was sind in Ihrer Erinnerung die denkwürdigsten Dax-Tage?

Mella: Da gibt es eine ganze Reihe. Der 11.September 2001 mit dem Anschlag auf das World Trade Center gehört sicher dazu. Ein anderer war ohne Frage der 28. Oktober 2008, als Porsche die Übernahme von VW ankündigte und die von vielen bereits als überbewertet angesehene VW-Aktie sich bis zum Börsenschluss noch einmal fast verdoppelte. Ohne diesen Sondereffekt hätte der Dax an jenem Tag nicht bei 4.800 Punkten geschlossen, sondern nur bei 3.700 Punkten. Ohnehin wird 2008 als das verrückteste Jahr der Nachkriegszeit in die deutsche Börsengeschichte eingehen, obwohl eigentlich 2002 das volatilere Jahr war.

DAS INVESTMENT.com: Sie sind seit 2001 Privatier. Auf dem Weg dorthin hat Ihnen die Börse entscheidend geholfen, die Erfindung des Dax eher weniger. Haben Sie damals als Dank wirklich nur eine Flasche Sekt bekommen?

Mella: Mehr war nicht, ehrlich – 1995 kam dann noch das Bundesverdienstkreuz hinzu. Ich habe aber auch nie etwas gefordert. Schließlich habe ich den Dax im Auftrag meines damaligen Arbeitgebers, der Börsen-Zeitung, entwickelt. Die übrigens auch nie Geld gesehen hat. Sie hat der Frankfurter Börse den Index praktisch für lau überlassen. Das ist schon bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass der Dax bis heute eine sprudelnde Quelle für Lizenzeinnahmen ist.
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