LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in InterviewsLesedauer: 8 Minuten
Headphones
Artikel hören
Interview zum Dax
„Anfällig bei globaler Konjunkturschwäche“ – Aktienexperte von Flossbach findet klare Worte
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.

Interview zum Dax „Anfällig bei globaler Konjunkturschwäche“ – Aktienexperte von Flossbach findet klare Worte

Kubilay Yalcin, Portfolio Director Equities bei Flossbach von Storch
Kubilay Yalcin, Portfolio Director Equities bei Flossbach von Storch | Foto: Flossbach von Storch

Der deutsche Leitindex Dax hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Nach einem starken Jahresauftakt mit einem Umsatzplus von 1,7 Prozent und einem Gewinnsprung von fast 17 Prozent im zweiten Quartal mussten viele Unternehmen dennoch Rückgänge verkraften. Die Automobilbranche traf es besonders hart. Doch wie geht es weiter? Welche Chancen und Risiken birgt die zyklische Natur des Dax in Zeiten einer sich eintrübenden Weltwirtschaft?

Wir sprachen mit Kubilay Yalcin, Portfoliodirektor Aktien (Portfolio Director Equities) bei Flossbach von Storch, über seine Einschätzungen zur vergangenen Berichtssaison, den Ausblick für den Dax und die Anlagestrategie seines Hauses in diesem herausfordernden Umfeld. Im Interview erläutert er, warum viele Dax-Unternehmen verwundbar sind, wenn die globale Konjunktur schwächelt, wo er dennoch Chancen sieht und wie Anleger ihr Portfolio widerstandsfähig aufstellen können. Dabei gewährt er auch Einblicke in den selektiven Stock-Picking-Ansatz von Flossbach von Storch und die Bedeutung von Qualitätsunternehmen mit „Burggraben“.

 

DAS INVESTMENT: Herr Yalcin, welche Sektoren oder Branchen des Dax haben aus Ihrer Sicht in der vergangenen Berichtssaison besonders positiv abgeschnitten? Und welche haben am meisten enttäuscht?

Kubilay Yalcin: Wir haben keinen bestimmten Fokus auf einer Region oder einem Sektor, sondern fokussieren uns auf die Geschäftsmodelle von Unternehmen, welche wir Bottom-up analysieren. Jedoch kann man sagen, dass Unternehmen mit einer zyklischen Ausprägung, wie beispielsweise aus dem Bereich diskretionärer Konsum, Industrie oder Chemie, in schwierigen konjunkturellen Fahrwassern tendenziell stärker von Schwankungen betroffen sind. Defensive Sektoren haben in der Berichtssaison zum Teil besser abgeschnitten.

Die Dax-Konzerne haben insgesamt ein Umsatzplus von 1,7 Prozent verzeichnet und einen Gewinnsprung von fast 17 Prozent im zweiten Quartal. Viele Unternehmen mussten aber trotzdem Rückgänge verkraften, wie beispielsweise die Automobilbranche. Wie ordnen Sie die Entwicklung im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ein? Glauben Sie, dass sich die Situation für die Branchen in einer schweren Phase durch mögliche Zinssenkungen deutlich verbessert?

Yalcin: Eine Zinssenkung erfolgt häufig als Konsequenz auf eine konjunkturelle Schwäche und es vergeht Zeit, bis sie zu wirken beginnt. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen einer Zinssenkung und einem verbesserten Bild für börsennotierte Unternehmen ist da nicht immer hundertprozentig gegeben. Sinkende Zinsen können zwar den Absatz von Autos durch günstigere Finanzierung fördern. Aber wir haben gesehen, dass Unternehmen wie BMW oder Mercedes auf der Kursentwicklung temporär schwächer notierten, weil sich auch diese Unternehmen dem wirtschaftlichen Gesamtbild nicht vollends entziehen können. Faktoren wie die konjunkturelle Entwicklung in wichtigen Märkten wie China spielen da natürlich auch eine Rolle.

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Gab es von einzelnen Unternehmen Überraschungen bei Umsatz, Gewinn oder Marge, die besonders hervorgehoben werden müssen und möglicherweise Ihre Anlageentscheidung beeinflusst haben? Oder machen Sie das nicht von einem Quartal oder einem halben Jahr abhängig?

Yalcin: Für uns ist entscheidend, dass wir das Gefühl haben, dass ein Unternehmen ein sehr gutes Management hat, das auf Herausforderungen sehr gut reagieren kann. Mercedes konnte beispielsweise trotz eines Absatzrückgangs von 4 Prozent die Marge immer noch zweistellig halten – eine Konsequenz aus einer sehr strikten Kostenkontrolle des Managements. Das gibt uns ein gutes Gefühl. Bei Autobauern werden Konjunkturschwächen häufig schon in den Kursen vorweggenommen. In solchen Fällen kann es opportun sein, wieder Chancen zu suchen. Zumindest dann, wenn wir überzeugt sind, dass die Unternehmen in ihrem Fundament so gut aufgestellt sind, dass sie trotz temporärer Schwankungen eine attraktive Rendite liefern.

Haben Sie noch andere Beispiele von Unternehmen neben den Autobauern, die ein gutes Quartal abgeliefert haben? Beispielsweise die Telekom, die den größten Gewinn aller Unternehmen verzeichnen konnte?

Yalcin: Auch wenn die Deutsche Telekom einen großen Gewinn in diesem Quartal verzeichnen konnte, sind wir in das Unternehmen nicht investiert. Wir bevorzugen keine Unternehmen, die von einer strikten staatlichen Regulatorik abhängig sind und zudem wenig attraktive Kapitalrenditen aufweisen. Die Aktie passt daher aus verschiedenen Blickwinkeln aktuell nicht ins Portfolio. Ein anderes Beispiel ist SAP, das abermals gestiegene Umsatzerlöse berichten konnte, getrieben durch das Cloudgeschäft. Gleichzeitig hat SAP ein sehr fähiges Management, das vorausschauend in Zukunftsfelder wie künstliche Intelligenz investiert.

Verstehe ich richtig, dass Sie bei Ihren Investitionen sehr darauf achten, dass das Unternehmen einen „Burggraben“ hat?

Yalcin: Ja, das ist meines Erachtens eine der elementaren Bedingungen, damit ein Unternehmen nachhaltig mit hohen Margen operieren kann. Ein wehrhafter Burggraben bedeutet Preissetzungsmacht und Schutz vor Wettbewerbern. Ohne Burggraben, wie beispielsweise im Airline-Geschäft, ist man einem starken Wettbewerb ausgesetzt und kann häufig die Investitionen nicht amortisieren.

PDF nur für Sie. Weitergabe? Fragen Sie uns.