Natixis-Chefstratege David Lafferty
Corona und Resilienz
David Lafferty ist Chefstratege bei Natixis Investment Managers. Foto: Natixis
Die Corona-Krise zeigt, wie widerstandsfähig Unternehmen sind. Natixis-Chefstratege David Lafferty erklärt, welche Strategien dabei eine Rolle spielen.
Vom legendären Investor Warren Buffett stammt der berühmte Spruch, dass man erst bei Ebbe sieht, wer nackt schwimmt. Jetzt, mitten im Corona bedingten Shutdown, ist die Flut tatsächlich der Ebbe gewichen und die Firmen, von kleinen Familienunternehmen bis hin zu börsennotierten Mega Caps, sehen drastischen Umsatz- und Gewinneinbrüchen entgegen.
Im beispiellosen Zusammenbruch von Angebot und Nachfrage erkennt man, dass die Jahrzehnte andauernde Flut zwar gut war für die Aktionäre, kurzfristige Gewinne aber auf Kosten der langfristigen Widerstandsfähigkeit der Unternehmen erzielt wurden.
Während der Ausbruch von Covid-19 plötzlich kam, hat sich die Anfälligkeit der großen Unternehmen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Vom legendären Investor Warren Buffett stammt der berühmte Spruch, dass man erst bei Ebbe sieht, wer nackt schwimmt. Jetzt, mitten im Corona bedingten Shutdown, ist die Flut tatsächlich der Ebbe gewichen und die Firmen, von kleinen Familienunternehmen bis hin zu börsennotierten Mega Caps, sehen drastischen Umsatz- und Gewinneinbrüchen entgegen.
Im beispiellosen Zusammenbruch von Angebot und Nachfrage erkennt man, dass die Jahrzehnte andauernde Flut zwar gut war für die Aktionäre, kurzfristige Gewinne aber auf Kosten der langfristigen Widerstandsfähigkeit der Unternehmen erzielt wurden.
Während der Ausbruch von Covid-19 plötzlich kam, hat sich die Anfälligkeit der großen Unternehmen schon seit einiger Zeit aufgebaut. Vierzig Jahre lang sinkende Zinsen waren einfach zu unwiderstehlich, um sich nicht zu verschulden. Grundsolide Bilanzen wurden nicht mehr wertgeschätzt; sie galten als ineffizient. Ein BBB-Rating hingegen – die letzte Stufe vor dem Junk-Status – galt als optimaler Trade Off zwischen Kreditkosten und Kapitalbindung.
Die Erlöse aus den Anleihen wurden – insbesondere in den USA – für den Rückkauf von Aktien verwendet, wodurch das vorrangige Polster zum Auffangen von Verlusten schrumpfte. Aber es gab ja auch nur sehr wenige Schocks. Die Weltwirtschaft überstand ein paar kleinere Schläge, und die letzte wirklich existenzielle Bedrohung – die globale Finanzkrise – verblasste im Rückspiegel.
So diente die elfjährige Aktien-Hausse vor allem dazu, die Vorstellung zu festigen, dass kurzfristiges Gewinnwachstum von höchster Wichtigkeit sei, während Stabilität und Vorsicht nur hinderlich seien.
Dieses Kalkül hat die Pandemie zum Einsturz gebracht, und sie wird wahrscheinlich die Debatte über Rentabilität versus Resilienz wiederaufleben lassen. Es ist offensichtlicher geworden, dass Unternehmen, um langfristige Ergebnisse zu erzielen, kurzfristige Krisen überstehen müssen. Mehr Stabilität wird jedoch ihren Preis haben, und es wird schwieriger werden, diesen Kompromiss zu finden.
Unternehmen stehen vor schweren Entscheidungen
Die erste Frage für Unternehmensvorstände nach Corona wird sein, wie sie den Cashflow verwenden. Werden die Unternehmen mehr Gewinne einbehalten und die Dividenden senken, um ihre Flexibilität zu erhöhen? Immerhin werden in Europa fast 60 Prozent der Gewinne an die Aktionäre ausgeschüttet. Werden gelistete US-Unternehmen weiterhin Aktienrückkäufe bevorzugen und damit ihre Kapitalbasis schrumpfen lassen, um ihre Gewinne zu steigern?
Werden Unternehmen weiterhin den kurzfristigen Adrenalinschub aus der Rückführung von Bargeld an die Aktionäre gegenüber den langfristigen Investitionen in Forschung und Entwicklung bevorzugen? Unternehmen, die Barmittel und Kapital horten, werden mit der Zeit widerstandsfähiger, aber ihre Aktionäre könnten ungeduldig werden.
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