Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch
Warum die Produktivität stagniert
Aktualisiert am 06.03.2020 - 16:31 Uhr
Hamburger Hafen: Deutschlands Exportwirtschaft gerät unter Druck. Foto: imago images / Jochen Tack
Europas Wirtschaft wächst seit Jahren nur langsam. Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch nennt Gründe und beschreibt Wege aus der Krise.
Europa hat in Sachen Wirtschaftswachstum ein eher durchwachsenes Jahrzehnt hinter sich. Zwar hat es sich nach dem zweiten Teil der Double-Dip-Rezession 2012 und 2013 stabilisiert, dies jedoch mit überschaubarer Dynamik. Im Durchschnitt des Jahrzehnts lag das Wirtschaftswachstum bei 1,4 Prozent.
Ausreißer nach oben waren vor allem die osteuropäischen Länder und Spanien. Dank der schnellen Erholung nach der Finanzkrise und dem export-getriebenem Wachstum in den Folgejahren, gehörte auch Deutschland zu dieser Gruppe.
Allerdings gerät das exportorientierte Wirtschaftsmodell Deutschlands in letzter Zeit zunehmend unter Druck. Die Frage für die nächste Dekade, die sich für Deutschland...
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Europa hat in Sachen Wirtschaftswachstum ein eher durchwachsenes Jahrzehnt hinter sich. Zwar hat es sich nach dem zweiten Teil der Double-Dip-Rezession 2012 und 2013 stabilisiert, dies jedoch mit überschaubarer Dynamik. Im Durchschnitt des Jahrzehnts lag das Wirtschaftswachstum bei 1,4 Prozent.
Ausreißer nach oben waren vor allem die osteuropäischen Länder und Spanien. Dank der schnellen Erholung nach der Finanzkrise und dem export-getriebenem Wachstum in den Folgejahren, gehörte auch Deutschland zu dieser Gruppe.
Allerdings gerät das exportorientierte Wirtschaftsmodell Deutschlands in letzter Zeit zunehmend unter Druck. Die Frage für die nächste Dekade, die sich für Deutschland und Europa nun aber stellt, lautet: Welches Wachstum ist möglich und wie kann es erreicht werden?
Demografie in Aktion
Auf den ersten Blick sehen die Aussichten nicht rosig aus, was vor allem an der demografischen Entwicklung liegt. Dem Arbeitsmarkt werden sehr viel weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Zwischen den Jahren 2020 bis 2030 wird die Zahl der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter in Europe um rund elf Millionen schrumpfen.
Dies ist eine signifikante Wachstumsbremse und betrifft vor allem Länder wie Deutschland, Italien und Spanien. Global wird aber auch China in der jetzigen Dekade stark davon betroffen sein, Japan ist es schon lange.
Grundsätzlich wird Wirtschaftswachstum von zwei Faktoren getrieben: vom steigenden Arbeitskräftepotenzial und der Produktivität. Nachdem der erste Faktor für Europa ausfällt, wird es in der nächsten Dekade die Produktivität richten müssen. Hier wird die Diskussion allerdings vom Produktivitätsrätsel bestimmt.
Das Produktivitätsrätsel
Obwohl wir von vielen digitalen Innovationen umgeben sind – Smartphones sind überall und künstliche Intelligenz könnte es bald sein – ist das Produktivitätswachstum in Deutschland, Großbritannien, den USA und eigentlich allen Industrieländern tendenziell schwach.
Für die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (engl.: Organisation for Economic Cooperation and Development, kurz: OECD) betrug es in den vergangenen fünf Jahren mit knapp einem Prozent ungefähr die Hälfte des Wertes der frühen 2000er Jahre. Deutschland liegt sehr eng an diesem Trend. Stagniert die Produktivität, stagnieren notwendigerweise Löhne und Lebensstandards, und an Stelle der Wirtschaft wächst die Unzufriedenheit.
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