Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Viel Lärm um nichts
Aktualisiert am 05.03.2020 - 14:38 Uhr
Hält am Niedrigzins fest: EZB-Chefin Christine Lagarde Foto: imago images / Panoramic
Um die Wirtschaft anzukurbeln, hält Europas Zentralbank die Zinsen seit Jahren niedrig. Große Erfolge erzielte das Institut mit der Strategie bisher nicht. Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater gibt einen Überblick über die Maßnahmen.
Wenn die Inflation trotz kräftigen Wachstums nicht in Gang kommen will, besteht die naheliegende Reaktion der Notenbanken darin, den monetären Stimulus noch weiter zu erhöhen. Genau dies haben sie in den vergangenen Jahren getan, indem sie die Leitzinsen sogar in den negativen Bereich senkten und in großem Umfang Wertpapiere kauften.
Die EZB beeinflusst mit so genannten unkonventionellen Maßnahmen das gesamte Zinsniveau im Euroraum, das nie erreichte, teilweise negative Niveaus angenommen hat. Gestützt wurde diese Entwicklung auch durch den internationalen Zinszusammenhang: 2020 haben sich die Zinsen ausgehend von den USA weltweit in einen Abwärtstrend begeben.
Die dahinterstehende...
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Wenn die Inflation trotz kräftigen Wachstums nicht in Gang kommen will, besteht die naheliegende Reaktion der Notenbanken darin, den monetären Stimulus noch weiter zu erhöhen. Genau dies haben sie in den vergangenen Jahren getan, indem sie die Leitzinsen sogar in den negativen Bereich senkten und in großem Umfang Wertpapiere kauften.
Die EZB beeinflusst mit so genannten unkonventionellen Maßnahmen das gesamte Zinsniveau im Euroraum, das nie erreichte, teilweise negative Niveaus angenommen hat. Gestützt wurde diese Entwicklung auch durch den internationalen Zinszusammenhang: 2020 haben sich die Zinsen ausgehend von den USA weltweit in einen Abwärtstrend begeben.
Die dahinterstehende Überlegung zum Trend fallender Zinsen lautet, dass der so genannte „neutrale“ Leitzins, also der Leitzins, ab dessen Unterschreiten überhaupt erst von einer expansiven Geldpolitik gesprochen werden kann, aufgrund der vorgenannten strukturellen (insbesondere demografisch induzierten) Faktoren gesunken ist.
Da allerdings trotzdem der erwartete Erfolg ausgeblieben ist und von einem Dauereinsatz der unkonventionellen Instrumente erhebliche negative Langzeitwirkungen befürchtet werden, wächst die Unzufriedenheit mit dem oben beschriebenen Konzept des Inflation Targeting in der derzeitigen Form.
Die Änderungen werden wahrscheinlich überschaubar ausfallen. Durch einen Zielkorridor um den Zielwert könnte einerseits der Druck nach immer neuen Maßnahmen nachlassen. Andererseits könnte auch in Zeit wieder ansteigender Inflation der Handlungsdruck zu schnellen Zinserhöhungen herausgenommen werden. Ferner wird man die Preismessung noch einmal unter die Lupe nehmen, ob man etwa über die Aufnahme einiger Komponenten den Aufwärtsdruck bei Mieten etwas stärker im Verbraucherpreisindex betonen sollte.
Allerdings sind dies Maßnahmen, die erstens nicht in der Kompetenz der EZB liegen und zweitens nur marginalen Effekt haben. Insgesamt bleibt es dabei, dass wir in einer strukturellen Niedrigzinsphase gefangen bleiben. Die wird irgendwann auch einmal wieder zu Ende gehen, aber ob dies schon so bald geschehen wird, ist mit einem großen Fragezeichen versehen.
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