Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé
Spiel mit dem Feuer
Jörg Angelé ist Volkswirt bei Bantleon. Foto: Thomas Wieland
Scheitern Großbritanniens Verhandlungen über ein EU-Handelsabkommen, verliert das Land am 1. Januar 2021 seinen ungehinderten Zugang zum EU-Binnenmarkt. Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé erklärt, welche Folgen das hat.
Endet die Brexit-Übergangsphase am 31. Dezember 2020 ohne ein Handelsabkommen, wäre das für die Wirtschaft der EU negativ, jedoch verkraftbar; auch, weil sich Unternehmen und EU inzwischen auf ein entsprechendes Szenario vorbereitet haben. Für Unternehmen aus Großbritannien wäre ein Scheitern der Verhandlungen dagegen eine Katastrophe.
Zumal sich die Hoffnung der britischen Regierung, Märkte jenseits der EU zu erschliessen, bislang nicht erfüllt hat. Bisher wurden erst 20 Handelsabkommen unterzeichnet, mit denen lediglich etwa 10 Prozent aller britischen Exporte abgedeckt werden.
Abgesehen von der britischen Exportindustrie droht ein verspäteter No-Deal-Brexit auch die Attraktivität...
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Endet die Brexit-Übergangsphase am 31. Dezember 2020 ohne ein Handelsabkommen, wäre das für die Wirtschaft der EU negativ, jedoch verkraftbar; auch, weil sich Unternehmen und EU inzwischen auf ein entsprechendes Szenario vorbereitet haben. Für Unternehmen aus Großbritannien wäre ein Scheitern der Verhandlungen dagegen eine Katastrophe.
Zumal sich die Hoffnung der britischen Regierung, Märkte jenseits der EU zu erschliessen, bislang nicht erfüllt hat. Bisher wurden erst 20 Handelsabkommen unterzeichnet, mit denen lediglich etwa 10 Prozent aller britischen Exporte abgedeckt werden.
Abgesehen von der britischen Exportindustrie droht ein verspäteter No-Deal-Brexit auch die Attraktivität Großbritanniens als Investitionsstandort zu beeinträchtigen. Ohne den ungehinderten Zugang zum EU-Binnenmarkt verlöre das Vereinigte Königreich einen entscheidenden Standortvorteil.
Seit dem Ende der Weltfinanzkrise bis zum Brexit-Referendum im Jahr 2016 gelang es, die Anzahl der mit ausländischen Direktinvestitionen finanzierten Projekte auf der Insel um fast 60 Prozent zu steigern. Seither ist deren Zahl jedoch rückläufig (vergleiche folgende Abbildung). Ohne Handelsabkommen mit der EU drohen die ausländischen Direktinvestitionen noch deutlicher zu sinken, mit entsprechend negativen Folgen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt.
Die britische Regierung spielt daher mit dem Feuer, wenn sie den Bruch mit der EU riskiert. Die Kombination aus Corona-Krise und Verlust des ungehinderten Zugangs zum EU-Binnenmarkt dürfte die Wirtschaft auf der Insel in die Knie zwingen. Es droht der Verlust von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen und eine jahrelange Stagnation. Mithin dürfte es Jahre dauern, das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung wieder zu erreichen und damit erheblich länger als in der EU.
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