Krypto-Experten Philipp Sandner und Johannes Blassl
Revolution am deutschen Kapitalmarkt
Philipp Sandner leitet das Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance & Management. Foto: Frankfurt School of Finance
Der Gesetzgeber hat einen Vorschlag für digitale Wertpapiere erarbeitet, der eine Revolution am deutschen Kapitalmarkt auslösen kann. Die Blockchain-Experten Philipp Sandner und Johannes Blassl erklären die Hintergründe.
Die folgenden vier Aspekte sprechen für eine Revolution auf dem deutschen Kapitalmarkt: Erstens wird das Wertpapier in Deutschland in systematischer Weise von der papierbasierten Urkunde gelöst, damit entmaterialisiert und somit die Basis für den digitalen Kapitalmarkt der Zukunft geschaffen.
Zweitens besteht in Zukunft die Möglichkeit, dass es neben dem Zentralverwahrer Clearstream — welcher zur Deutschen Börse gehört — auch andere Register geben wird, die dieselbe Funktion erbringen. Damit ist Wettbewerb vorprogrammiert.
Drittens ermöglicht es der Gesetzgeber zudem, dass Emittenten selbst — also möglicherweise sogar Industriekonzerne — das Register für die eigenen Wertpapiere...
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Die folgenden vier Aspekte sprechen für eine Revolution auf dem deutschen Kapitalmarkt: Erstens wird das Wertpapier in Deutschland in systematischer Weise von der papierbasierten Urkunde gelöst, damit entmaterialisiert und somit die Basis für den digitalen Kapitalmarkt der Zukunft geschaffen.
Zweitens besteht in Zukunft die Möglichkeit, dass es neben dem Zentralverwahrer Clearstream — welcher zur Deutschen Börse gehört — auch andere Register geben wird, die dieselbe Funktion erbringen. Damit ist Wettbewerb vorprogrammiert.
Drittens ermöglicht es der Gesetzgeber zudem, dass Emittenten selbst — also möglicherweise sogar Industriekonzerne — das Register für die eigenen Wertpapiere führen können. Viertens schafft der Gesetzgeber damit die Voraussetzung, dass Wertpapiere nach deutschem Recht künftig etwa auch auf dezentralen Blockchain-Systemen wie möglicherweise Ethereum — der zweitgrößten Kryptowährung nach Bitcoin — emittiert werden können.
Derzeit erfordern Wertpapiere in Deutschland die Existenz einer papierhaften Urkunde, letztlich also einer ausgedruckten und händisch unterschriebenen Textdatei. Diese werden bei einem sogenannten Zentralverwahrer im Safe eingelagert. Das Verwahren von Papierstücken in einem Safe mutet im Jahre 2020 doch etwas anachronistisch an; ein System, das in Deutschland über hundert Jahre alt ist.
Natürlich kann ein Investor heutzutage Wertpapiere mittels Online-Brokerage in Sekunden kaufen und verkaufen. Dies passiert augenscheinlich „digital“ und funktioniert reibungslos, aber im Hintergrund existiert dennoch eine papierhafte Urkunde in einem Tresor. Dies und die Beteiligung von über 40 Personen an einer Wertpapiertransaktion führt zu Ineffizienzen und damit zu Kosten. Auch digitale Innovationen werden durch ein physisches Papiererfordernis ausgebremst.
Nun wagt der deutsche Gesetzgeber den Bruch mit diesem existierenden System. Lange wurde auf den Referentenentwurf zur Einführung elektronischer Wertpapiere gewartet. Nun zirkuliert der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und deutet eine Gezeitenwende an.
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