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Deflation ist nichts Schlechtes

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Politik kann nicht gegen Deflation vorgehen

Selbst in Japan gab es keine kumulativen Prozesse. Von Seiten der Zentralbanken wird gegen Deflation eingewandt, dass sie schwerer zu bekämpfen sind.

Gegen steigende Preise kann die Geldpolitik mit Restriktionsmaßnahmen vorgehen. Bei sinkenden Preisen gilt das alte Diktum: Man kann den Pferden zwar Wasser hinstellen (= Geldpolitik lockern), man kann sie aber nicht zum Saufen zwingen.

So richtig überzeugend sind all diese Argumente gegen Deflation nicht. Wenn es nur das ist, was man dagegen vorzubringen hat, dann sollte man nicht zu viel Angst vor sinkenden Preisen haben. Es gibt freilich einen Aspekt, der aus meiner Sicht Gewicht hat. Das sind die Verteilungswirkungen der Deflation.

Wenn die Preise zurückgehen, dann profitieren Gläubiger, und es leiden Schuldner. Gläubiger bekommen zwar einen niedrigen Zins, ihre Forderungen werden real jedoch mehr wert. Sie können damit mehr kaufen. Umgekehrt die Schuldner: Sie müssen die Schulden mit einem höheren Realwert zurückzahlen.

In den Unternehmen verlieren die Sachgüter auf der Aktivseite an Wert, die Passiva bleiben gleich. Da entsteht dann schnell eine Unterbilanz. Firmen gehen pleite, Hausbesitzer kommen in Schwierigkeiten.

An sich müsste man angesichts dieser Situation erwarten, dass Staaten, die näher an der Deflation sind und zeitweise sinkende Preise hatten, weniger Schulden machen. Das wäre dann für die Gesamtwirtschaft ein Vorteil.

Beispiel Japan

Das Gegenteil ist aber leider der Fall. Japan ist nach einer Studie von McKinsey das am höchsten verschuldete Land unter den zehn größten Industriestaaten.

Seine Gesamtverschuldung (privat und öffentlich) betrug 2011 insgesamt 512 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Löwenanteil entfällt dabei auf die öffentliche Hand (226 Prozent).

Aber auch bei der Verschuldung von privaten Haushalten, Unternehmen und Finanzinstituten liegt Japan in der Spitzengruppe. So schrecklich stark scheint der Druck der Deflation auf die Schuldner also nicht gewesen sein.

Für den Anleger

Nach dem, was in der Öffentlichkeit über Deflation geredet wird, müsste man eigentlich erwarten, dass sie Gift für die Aktienmärkte ist. Das gilt aber allenfalls für dauerhafte Deflationen. Sie sind in der Geschichte freilich sehr selten.

Selbst Japan hatte nicht dauerhaft sinkende Preise. Bei vorübergehenden Deflationen sieht das ganz anders aus. Sie waren in der Nachkriegszeit in den USA mit starken Kursaufschwüngen verbunden.

Als die Preise in den Jahren 1949/50 zurückgingen, stiegen die Aktienkurse innerhalb von zwölf Monaten um 27 Prozent. In der Deflation 1954/55 gab es sogar Kurssteigerungen um 30 Prozent.

Ein ähnliches Ergebnis gab es erst vor kurzem in der Krise 2009. Da gingen die Verbraucherpreise absolut zurück und die Aktien stiegen kräftig an. Der Grund: Die Anleger sehen die sinkenden Preise nicht als dauerhaft an. Vielmehr erwarten sie, dass die Deflation ein Vorbote des Aufschwungs nach der Krise sein könnte und damit eine bessere Zukunft signalisierte.

Aber Vorsicht: Man kann diese Erfahrungen nicht verallgemeinern. In der Deflation 1986/87 stiegen die Aktienkurse in Deutschland nicht an, sondern gingen zurück. Schuld waren damals freilich die turbulenten Devisenmärkte. Japan hatte 20 Jahre lang sinkende Kurse.

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