Volkswirt Johannes Mayr
Volkswirt Johannes Mayr
Der Welthandel ist unter Druck. Handelskonflikte mit Zollschranken und Sanktionen gehören zum neuen Normal und haben die Idee von Wohlfahrtsgewinnen durch Freihandel unter den Regeln der WTO deutlich zurückgedrängt. Eine Spaltung in zwei – von China und den USA dominierten – Einflusssphären ist ein ernstzunehmendes Szenario. Das Re-Shoring von Produktion wird als geeignetes Instrument gesehen, um strategische Vorteile zu etablieren, Abhängigkeiten zu reduzieren und die Anfälligkeit von Wertschöpfungsketten zu verringern. In der Summe entstehen dadurch global erhebliche ökonomische Kosten und Risiken.
Gerade um die großen Aufgaben in den Bereichen Dekarbonisierung und demografischer Wandel durch Produktivitäts- und Effizienzsteigerung zu bewältigen, sind internationaler Handel und Arbeitsteilung aber zentral. Für Europa und Deutschland trifft das in besonderem Maße zu. Eine strategische Industriepolitik gewinnt deshalb an Bedeutung. Nur in einer starken wirtschaftlichen Position wird es dem Kontinent gelingen, zu beiden großen Einflussräumen starke Handelsbeziehungen beizubehalten und nicht in die Qual der Wahl zu geraten. Dabei sollte der Blick nicht auf die Warenströme verengt werden. Auch die Kapitalseite steht unter Anpassungsdruck.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Der Welthandel ist unter Druck. Handelskonflikte mit Zollschranken und Sanktionen gehören zum neuen Normal und haben die Idee von Wohlfahrtsgewinnen durch Freihandel unter den Regeln der WTO deutlich zurückgedrängt. Eine Spaltung in zwei – von China und den USA dominierten – Einflusssphären ist ein ernstzunehmendes Szenario. Das Re-Shoring von Produktion wird als geeignetes Instrument gesehen, um strategische Vorteile zu etablieren, Abhängigkeiten zu reduzieren und die Anfälligkeit von Wertschöpfungsketten zu verringern. In der Summe entstehen dadurch global erhebliche ökonomische Kosten und Risiken.
Gerade um die großen Aufgaben in den Bereichen Dekarbonisierung und demografischer Wandel durch Produktivitäts- und Effizienzsteigerung zu bewältigen, sind internationaler Handel und Arbeitsteilung aber zentral. Für Europa und Deutschland trifft das in besonderem Maße zu. Eine strategische Industriepolitik gewinnt deshalb an Bedeutung. Nur in einer starken wirtschaftlichen Position wird es dem Kontinent gelingen, zu beiden großen Einflussräumen starke Handelsbeziehungen beizubehalten und nicht in die Qual der Wahl zu geraten. Dabei sollte der Blick nicht auf die Warenströme verengt werden. Auch die Kapitalseite steht unter Anpassungsdruck.
Die These der Deglobalisierung als zentraler Treiber von Wirtschaft und Finanzmärkten ist bereits seit geraumer Zeit in aller Munde. Die Daten zeigen diese Entwicklung allerdings bisher nur begrenzt. Der Anteil des Warenhandels am globalen BIP ist seit 2008 zwar deutlich gesunken. Dies ist aber vor allem Ausdruck eines zunehmenden Anteils der Dienstleistungen an der Wirtschaft, und damit einer sektoralen Verschiebung. Relativ zur industriellen Produktion ist seit der Finanzkrise vielmehr eine Seitwärtsbewegung des Welthandels zu sehen („Slowbalization“), mit zuletzt sogar wieder leicht steigender Tendenz.
Spätestens seit Jahresbeginn sind die Warnungen aber lauter geworden. Die Argumente liegen auf der Hand. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sowie dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und der zunehmenden geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China haben Engpässe in Lieferketten und der Rohstoff- und Energieversorgung stark zugenommen und Anzahl und Umfang von Sanktionen und Exportrestriktionen sind sprunghaft gestiegen. Produktionstrends wie Outsourcing und Just-in-time Lieferung, von denen gerade die europäischen Länder profitiert haben, werden zunehmend in Frage gestellt. Das ist keine neue Entwicklung.
Vor allem die USA und China haben ihre Wertschöpfungsketten bereits seit 2011 schrittweise verkürzt. Europa greift diese Revitalisierung der Industriepolitik aber erst jetzt ernsthaft auf. Vor allem mit Blick auf Versorgungsrisiken sowie die hohen Energiepreise ist ein Re-Shoring von Produktion im Bereich kritischer (Vor-)Produkte und Energieträger nachvollziehbar und auch ökonomisch sinnvoll. Dies zeigt der dramatische Einbruch der Handelsbilanzen Deutschlands und des Euroraums.
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