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Degussa-Chefvolkswirt „EZB kann Negativzinspolitik nicht durchhalten“

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Neues Zinsexperiment

Es ist in der Tat wahrscheinlich, dass früher oder später ein neues Zinsexperiment eingeläutet wird: Die EZB lässt die Zinsen wieder auf beziehungsweise leicht über die Nulllinie ansteigen. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass sie mittels fortgesetzter Anleihekäufe und der dadurch ausgelösten Geldmengenvermehrung die Inflation in die Höhe steigt.

Der Realzins - also der Nominalzins abzüglich der Inflation - bliebe negativ. Für den Sparer ist nichts gewonnen. Ihre Bankguthaben und Schuldpapiere würden künftig an Kaufkraft verlieren. Für die Banken würde sich die Lage verbessern, vor allem dann, wenn die EZB dafür sorgt, dass die „Steilheit der Zinskurve“ er-halten bleibt. Was ist damit gemeint?

Geldmenge ausgeweitet

Banken vergeben in der Regel langfristige Kredite, die sie mit kurzfristigen Kundeneinlagen und Kreditaufnahmen finanzieren. Ist die Zinskurve „steil“ - liegen also die Langfrist- über den Kurzfristzinsen - verdienen die Banken im Kreditvergabegeschäft Geld. Um aber die Zinskurve steil zu halten, wird die EZB weiterhin die Langfristzinsen auf die gewünschten Niveaus manipulieren müssen.

Das kann sie durch Anleihekäufe erreichen. Gleichzeitig weitet sie dadurch die Geldmenge weiter aus und treibt auf diesem letztlich die Inflation in die Höhe. Und wenn die Inflation den Nominalzins übersteigt, ist der Realzins negativ. Und genau das liegt im Interesse der EZB-Geldpolitik, die sich zur Aufgabe gemacht hat, die Überschuldungssituation im Euroraum zu entschärfen.

EZB monetisiert Schulden und erhöht die Geldmenge

Überschussliquidität und Geldmenge M3, Milliarden Euro

Grafik: Degussa; Quelle: Thomson Financial

Wann könnte der EZB-Kurswechsel kommen? Derzeit wird auf den Finanzmärk-ten die Wahrscheinlichkeit auf etwa 50 Prozent eingestuft, dass die EZB den Einlagezins im Januar 2018 auf null Prozent zurückführt. Gut denkbar ist jedoch, dass das früher geschieht. Für Anleger dürfte ein solcher Kurswechsel aber - wie bereits erwähnt - keine Verbesserung bringen.

Die Aussicht, mit traditionellen festverzinslichen Anlagen Geld zu verdienen, bleibt schlecht. Anleger sollten zum Beispiel überlegen, Teile ihrer Termin- und Spareinlagen und Schuldpapiere mit kurzer Laufzeit in physisches Gold umzutauschen. Das Gold kann durch negative Realzinsen nicht entwertet werden, und zudem hat es - aus unserer Sicht - noch deutliches Wertsteigerungspotenzial.

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