Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Die Macht der Notenbanker
Aktualisiert am 05.03.2020 - 15:14 Uhr
Ende eines Handelstages in New York: Nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers am 15. September 2008 erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt.
Nach dem Zusammenbruch der Finanzmärkte im Jahr 2008 brachten Notenbanker die Wirtschaft mit Niedrigzinsen und Anleihekkäufen schnell wieder auf Kurs. Welche Effekte die Maßnahmen elf Jahre später noch haben, erklärt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater.
Mit dem Jahr 2019 geht das zweite Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zu Ende. Ökonomisch und gesellschaftlich brachte es die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der großen Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009. Zwar konnten dank des beherzten Eingreifens von Geld- und Finanzpolitik die Fehler von 1929 vermieden und die Weltwirtschaft schnell wieder auf Kurs gebracht werden: Während des gesamten Jahrzehnts herrschte Aufschwung in fast allen Weltregionen – sieht man von der flachen Rezession im Euroraum aufgrund der Eurokrise 2012 einmal ab.
Allerdings setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die herkömmlichen Instrumente der Makropolitik den gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr...
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Mit dem Jahr 2019 geht das zweite Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zu Ende. Ökonomisch und gesellschaftlich brachte es die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der großen Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009. Zwar konnten dank des beherzten Eingreifens von Geld- und Finanzpolitik die Fehler von 1929 vermieden und die Weltwirtschaft schnell wieder auf Kurs gebracht werden: Während des gesamten Jahrzehnts herrschte Aufschwung in fast allen Weltregionen – sieht man von der flachen Rezession im Euroraum aufgrund der Eurokrise 2012 einmal ab.
Allerdings setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die herkömmlichen Instrumente der Makropolitik den gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr angemessen sind. Denn der weltweite demographische Wandel beginnt, sich auf Finanzsystem und Gesellschaft auszuwirken.
Leitzinsen von 2 Prozent
Am deutlichsten sichtbar ist dies bei den Zinsen. Lag der Durchschnitt der Leitzinsen weltweit in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts noch bei etwa 5 Prozent, so fiel er in der vergangenen Dekade auf zum Schluss unter 2 Prozent. In Verbindung mit der weiterhin positiven Inflationsrate ist damit der Realzins in der gesamten Weltwirtschaft seit einem Jahrzehnt negativ. Das zeigt die extreme Ausrichtung des Finanzsektors.
Inwieweit hier demographische Einflüsse in Form hoher Sparvolumina der privaten Haushalte und das gebremste Investitionsverhalten des Unternehmenssektors gegenüber einer äußerst expansiv agierenden Geldpolitik eine beherrschende Rolle spielen, ist gerade Gegenstand heftiger Diskussionen – vor allem in Deutschland. Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte: Beide Ursachen ergänzen sich zu extremen Ergebnissen beim Zinsniveau.
Teilweise gehen diese makroökonomischen Strukturverschiebungen mit dem Zusammenbruch bisher geltender makroökonomischer Gesetze einher: Konjunkturelle Schwankungen sind geringer, da es keine ausgeprägten Zinszyklen der Notenbanken mehr gibt. Treiber sind nun eher exogene Einflüsse wie beispielweise die Geopolitik. Konjunkturelle Abwärtsbewegungen haben dabei allerdings schnell die Tendenz, sich durch das Finanzsystem selbst zu verstärken, so dass in Abständen mit heftigen Konjunkturausschlägen durch Kapitalmarktereignisse zu rechnen ist.
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