Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Kapitalmärkte im Krisenkorsett

Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Auf eine vorsätzliche Verfehlung der Defizitobergrenze oder einen Haushalt, der auf inkonsistenten Annahmen beruht, dürften EU-Kommission und EU-Rat mit vehementer Kritik reagieren. Es ist zwar nicht mit ernsthaften Sanktionen aus Brüssel zu rechnen. Jedoch dürften die Rating-Agenturen das Missfallen an der italienischen Haushaltspolitik nicht länger ignorieren können. Es droht daher ein weiteres Abrutschen in Richtung Non-Investmentgrade. Ein Unterschreiten dieser kritischen Schwelle hätte dramatische Konsequenzen.
Die EZB müsste die Käufe italienischer Staatsanleihen einstellen – sogar die Wiederanlage von Rückflüssen – solange Italien kein Hilfsprogramm mit dem ESM vereinbart. Zudem...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Auf eine vorsätzliche Verfehlung der Defizitobergrenze oder einen Haushalt, der auf inkonsistenten Annahmen beruht, dürften EU-Kommission und EU-Rat mit vehementer Kritik reagieren. Es ist zwar nicht mit ernsthaften Sanktionen aus Brüssel zu rechnen. Jedoch dürften die Rating-Agenturen das Missfallen an der italienischen Haushaltspolitik nicht länger ignorieren können. Es droht daher ein weiteres Abrutschen in Richtung Non-Investmentgrade. Ein Unterschreiten dieser kritischen Schwelle hätte dramatische Konsequenzen.
Die EZB müsste die Käufe italienischer Staatsanleihen einstellen – sogar die Wiederanlage von Rückflüssen – solange Italien kein Hilfsprogramm mit dem ESM vereinbart. Zudem würden italienische Staatsanleihen aus wichtigen Benchmarks für institutionelle Investoren gestrichen. Mit Marktreaktionen wäre jedoch schon lange vor den Rating-Downgrades zu rechnen. Insofern sollten zu gewagte fiskalpolitische Experimente der italienischen Regierung eine weitere Ausdehnung der Spreads zur Folge haben. Umgekehrt ist eine nachhaltige Entspannung erst zu erwarten, wenn die EU-Kommission den italienischen Haushaltsentwurf eindeutig nicht als Verstoß gegen die EU-Regeln bezeichnet.
Im Angesicht all dieser Risiken – vom weiter schwelenden Handelsstreit gar nicht zu sprechen – verhalten sich die Unternehmen pragmatisch. Die US-Firmen schwelgen sowieso noch in Euphorie über die Trump´sche Steuerreform. Aber auch in Europa zeigen die neuesten Wachstumszahlen, dass der Aufschwung intakt ist. In Deutschland halten sich Außenhandel und Investitionsverhalten recht stabil, ebenso in den anderen Regionen der Währungsunion.
Angesichts der Risiken fungieren solide Staatsanleihen in diesen unsicheren Zeiten als sichere Häfen. Über den Aktienmärkten in Europa liegt eine Eisschicht aus politischen Unwägbarkeiten. Nur wenn diese in den kommenden Wochen einmal wieder etwas antauen sollte, könnten die derzeit brachliegenden Kurspotenziale gehoben werden.
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