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Kooperation ausgesetzt Was die Funkstille zwischen China und den USA in Klimafragen bedeutet

US-Präsident Joe Biden im Videocall mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping
US-Präsident Joe Biden im Videocall mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping: In Sachen Klimafragen hat China die Verbindung zu den USA gekappt, dürfte den Pfad der Dekarbonisierung aber nicht verlassen. | Foto: Imago Images / ZUMA Wire
Chi Lo, BNP Paribas AM

Gerade als die USA den milliardenschweren Inflation Reduction Act verabschiedeten, der unter anderem den Kampf gegen die Erderwärmung unterstützen soll, hat China die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten bei Klimafragen ausgesetzt. Einzelheiten sind noch nicht bekannt, aber die Auswirkungen auf die weltweite Dekarbonisierung könnten erheblich sein. Das gilt insbesondere, wenn die gemeinsame Erklärung vom Klimagipfel in Glasgow aus dem vergangenen November auf dem Spiel steht. 

Bei der Erklärung handelt es sich um eine umfassende Vereinbarung zwischen den beiden Ländern über die Zusammenarbeit in Bereichen wie Umweltstandards, Regulatorik, Treibhausgasemissionen und der Verbesserung der Klimakontrolle. Da China für rund 31 Prozent und die USA für etwa 14 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, wird eine Verlangsamung des Klimawandels ohne den Beitrag Chinas und vor allem ohne die Zusammenarbeit der beiden Länder unmöglich sein.

Globale Kooperation könnte unter Druck geraten

China hat die Gespräche über den Klimawandel als Teil seiner Vergeltungsmaßnahmen wegen der Besuche der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und anderer US-Politiker in Taiwan ausgesetzt – und das weniger als 100 Tage vor der nächsten UN-Klimakonferenz, die im November dieses Jahres im ägyptischen Sharm El-Sheikh stattfinden soll (COP 27).

Das wirft die Frage auf, ob und inwiefern sich der Schritt auf das Treffen auswirken wird. Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob die Konferenz ein globales Abkommen zur Bekämpfung des Klimawandels hervorbringen wird. Chinas Abneigung gegen eine Zusammenarbeit mit den USA aber wird die globale Kooperation erschweren.

 

China hält an der Dekarbonisierung fest

China selbst scheint derweil bereit zu sein, sein Engagement für die Dekarbonisierung fortzusetzen. Der im vergangenen März verabschiedete 14. Fünfjahresplan enthält ehrgeizige Ziele zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen, die so genannte 30-60-Vision: Bis 2030 soll der Kohlenstoffausstoß seinen Höhepunkt erreicht haben und China bis 2060 kohlenstoffneutral beziehungsweise netto-emissionsfrei sein.

Unserer Meinung nach ist das ein ambitioniertes Ziel: Es wird erwartet, dass die Kohlenstoffemissionen ihren Höhepunkt auf einem viel höheren Niveau als in den USA erreichen werden – und die Kohlenstoffneutralität ist nur 30 Jahre später geplant.

Damit hat China viel weniger Zeit als Europa und die USA. Diese beiden Wirtschaftsräume haben sich zur Kohlenstoffneutralität bis 2050 verpflichtet. Ihre CO2-Emissionen erreichten bereits 1979 respektive 2007 ihren Höchststand (siehe Grafik), so dass der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten 71 beziehungsweise 43 Jahre bleiben, um ausgehend vom Maximum das Netto-Null-Ziel zu erreichen.

Grafik: Der Weg zu Netto-Null in den USA und Europa

Quellen: Statista, BNP Paribas Asset Management. Stand: 12. August 2022

Chinas Wachstum könnte sich verlangsamen

In der Praxis steht China vor der gewaltigen Herausforderung, Investitionen in kohlenstoffintensive Aktivitäten einschließlich der Infrastruktur auf kohlenstoffarme Sektoren umzulenken. Die Umstellung von der kohledominierten Energieerzeugung auf saubere Energie wird dazu führen, dass der Industriesektor, auf den 80 Prozent der Kohlenstoffemissionen Chinas entfallen, schrumpft.

Investitionen in „schmutzige“ Wirtschaftszweige wie Kohle, Stahl, Aluminium und Zement werden im Rahmen des 30-60-Plans schnell zurückgehen müssen. Kurz- bis mittelfristig dürfte der Anstieg der Investitionen in saubere Energie und grüne Branchen jedoch nicht ausreichen, um diese Reduzierung auszugleichen. In der Übergangsphase wird sich das Wirtschaftswachstum also voraussichtlich verlangsamen.

Bislang haben Chinas Investitionen in erneuerbare Energien wie Wasser-, Wind- und Solarkraft nicht ausgereicht, um die durch die Verringerung der Kohleproduktion entstandene Lücke in der Energieversorgung zu schließen. Die Probleme mit der Stromknappheit werden sich mittelfristig wahrscheinlich noch verschärfen. Daher wird die Industrie zu einer Rückkehr zur Kohle gezwungen sein. Das belastet den Prozess der Dekarbonisierung.

Peking steckt in einem Dilemma

Peking ist hin- und hergerissen zwischen der Erhöhung der Kohleproduktion zur Behebung der Stromknappheit und der Verpflichtung zur Senkung der CO2-Emissionen. In diesem Dilemma hält es an einer harten Politik zur Eindämmung des Kohleverbrauchs fest: Es legt Ziele für die Nutzung des Energieträgers pro BIP-Einheit und bezogen auf den Gesamtenergieverbrauch fest.

Die Zentralregierung bewertet die Fortschritte der Lokalregierungen beim Erreichen dieser Vorgaben nun vierteljährlich statt einmal im Jahr. Die Kommunalverwaltungen müssen die Schwellenwerte erreichen, indem sie entweder emissionsintensive Industrien und die Industrieproduktion selbst auf Kosten eines langsameren Wachstums reduzieren oder die Einführung erneuerbarer Energien beschleunigen.

Grüne Investments bleiben aussichtsreich

In Anbetracht des Eigeninteresses Chinas an der Bekämpfung des Klimawandels wird die Aussetzung der Zusammenarbeit mit den USA wahrscheinlich keine Auswirkungen auf die eigenen Bemühungen haben. Die Investitionen in Schlüsseltechnologien wie erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge und Ladestationen, Energiespeicher und umweltfreundliche Projekte dürften hoch bleiben.

Insgesamt steht die 30-60-Vision im Mittelpunkt von Chinas Ambitionen einer Reform der Angebotsseite bis 2025 und darüber hinaus. Die Politik verlangt eine Reduzierung des Stromverbrauchs und der Emissionen sowie Investitionen in Elektrifizierung, erneuerbare Energien und intelligente Netze. Ein solcher Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ wird negative Auswirkungen auf die Sektoren Eisen und Stahl, Kohle, Aluminium, Kupfer sowie fossile Brennstoffe haben und erneuerbare, grüne Energien begünstigen.

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