Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch
Diese Folgen hat der Brexit für die deutsche Wirtschaft
Aktualisiert am 05.03.2020 - 15:05 Uhr
Herzogin Meghan und Prinz Harry bei einer Veranstaltung in London: Der Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland schrumpft.
Im Jahr 2016 haben sich die Briten in einem Referendum mehrheitlich für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel ziehen sich zwar noch hin, in der Wirtschaft wirft der Brexit aber schon seine Schatten voraus.
Der Brexit befindet sich in seiner dritten Verlängerung. Und obwohl er noch nicht vollzogen ist und es kaum zu prognostizieren ist, wann es tatsächlich soweit sein wird, hatten alleine die Verhandlungen und die daraus resultierende Unsicherheit schon sehr einschneidende wirtschaftliche Effekte. Dies gilt nicht nur für das Vereinigte Königreich selbst, sondern auch unmittelbar für die deutsch-englischen Wirtschaftsbeziehungen.
Die nun schon dreieinhalbjährige Geschichte des Brexit seit dem Referendum wurde von der Furcht vor einem harten Brexit bestimmt. Das harte Brexit-Szenario ist mal mehr, mal weniger wahrscheinlich gewesen, aber immer möglich. Die Fixierung darauf, wie der Brexit...
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Der Brexit befindet sich in seiner dritten Verlängerung. Und obwohl er noch nicht vollzogen ist und es kaum zu prognostizieren ist, wann es tatsächlich soweit sein wird, hatten alleine die Verhandlungen und die daraus resultierende Unsicherheit schon sehr einschneidende wirtschaftliche Effekte. Dies gilt nicht nur für das Vereinigte Königreich selbst, sondern auch unmittelbar für die deutsch-englischen Wirtschaftsbeziehungen.
Die nun schon dreieinhalbjährige Geschichte des Brexit seit dem Referendum wurde von der Furcht vor einem harten Brexit bestimmt. Das harte Brexit-Szenario ist mal mehr, mal weniger wahrscheinlich gewesen, aber immer möglich. Die Fixierung darauf, wie der Brexit am Ende aussehen wird, hat allerdings die aktuellen Auswirkungen der Unsicherheiten überdeckt.
Diese Auswirkungen entspringen zum einen der Unsicherheit über die Ausgestaltung der künftigen Beziehungen, die vor allem Investitionsentscheidungen beeinflusst. Zum anderen sind dafür konkret die Wechselkursschwankungen verantwortlich; aus europäischer Sicht liegt der Pfundkurs um rund 15 Prozent niedriger als zur Zeit des Referendums.
Ein neues Brexit-Briefing von Deloitte zeigt, dass die Brexit-Effekte bereits jetzt vor allem beim Handel erheblich sind. Die Direktinvestitionen wurden dagegen weniger beeinflusst. Starke Effekte gibt es dafür auf einer ganz anderen Ebene: Die Zahl der Einbürgerungen von UK-Bürgern in Deutschland ist sprunghaft gestiegen. Seit dem Referendum haben sich circa 17.000 britische Bürger einbürgern lassen. In den 15 Jahren davor waren es zusammen etwas weniger als 5.000.
Handel im Sinkflug
Das Vereinigte Königreich, als zweitgrößtes Land in Europa und fünftgrößte Volkswirtschaft weltweit, war immer ein wichtiger Handelspartner für Deutschland. Die gegenseitigen Exporte haben sich fast lehrbuchmäßig ergänzt. Deutschlands hauptsächliche Exportartikel nach UK sind Autos und Maschinen, umgekehrt kommen vor allem Finanz- und Unternehmensdienstleistungen aus dem Vereinigten Königreich in die Bundesrepublik.
Diese Arbeitsteilung gerät durch den Brexit-Prozess allerdings unter Druck. Der deutsche Handel mit dem Vereinigten Königreich ist, entgegen dem allgemeinen Trend, seit dem Referendum im Jahr 2016 um 7 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig ist der Handel mit den zehn wichtigsten Handelspartnern um 13 Prozent gestiegen. Der Handel mit Polen, China, Italien ist gar um jeweils 22 Prozent gestiegen. Eine Folge ist, dass der UK nicht mehr auf Platz drei der wichtigsten Handelspartner Deutschlands steht, sondern auf Platz fünf abgerutscht ist.
Besonders betroffen von diesem Trend sind die Auto- und die Pharmaindustrie sowie Bundesländer, in denen diese Industrien stark vertreten sind. Die Exporte der Autoindustrie nach UK sind um fast ein Viertel eingebrochen. Zum Vergleich: Dieser Rückgang entspricht den jährlichen Autoexporten nach Japan. In der Pharmaindustrie schlägt das mit einem Rückgang von 41 Prozent zu Buche. Bei einer Betrachtung der Bundesländer zeigt sich, dass Bayern und Baden-Württemberg als Sitz vieler Export-Unternehmen am meisten unter dem Rückgang leiden.
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