Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch
Konsum nach Corona
Alexander Börsch ist Chefökonom und Research-Leiter bei Deloitte Deutschland. Foto: Deloitte
Das Corona-Virus beeinflusst den Konsum, Online-Handel und Lebensmittel-Lieferdienste haben derzeit Hochkonjunktur. Doch ist der Trend langfristig? Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch mit einem Ausblick.
Den längsten Konsumeinbruch brachte die Zeit nach den Anschlägen vom 11. September. Der folgende globale Konjunktureinbruch führte zu schwachem Wachstum in Deutschland, aber zu keiner Rezession. Diese kam erst Ende 2002 und war sehr kurz.
Trotzdem brauchte der Konsum mehr als drei Jahre, um wieder auf das Ausgangslevel zu kommen. Der Grund lag in der anhaltend schlechten Arbeitsmarktsituation und die Furcht vor sinkendem Einkommen in der Zukunft.
Es gibt allerdings auch positivere Verläufe, wenn der Schock nicht so groß ist wie zunächst angenommen und die Unsicherheit sich auflöst. Nach dem SARS-Ausbruch in Hongkong 2002 haben sich die anfänglich befürchteten stark negativen Effekte...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Den längsten Konsumeinbruch brachte die Zeit nach den Anschlägen vom 11. September. Der folgende globale Konjunktureinbruch führte zu schwachem Wachstum in Deutschland, aber zu keiner Rezession. Diese kam erst Ende 2002 und war sehr kurz.
Trotzdem brauchte der Konsum mehr als drei Jahre, um wieder auf das Ausgangslevel zu kommen. Der Grund lag in der anhaltend schlechten Arbeitsmarktsituation und die Furcht vor sinkendem Einkommen in der Zukunft.
Es gibt allerdings auch positivere Verläufe, wenn der Schock nicht so groß ist wie zunächst angenommen und die Unsicherheit sich auflöst. Nach dem SARS-Ausbruch in Hongkong 2002 haben sich die anfänglich befürchteten stark negativen Effekte auf die Wirtschaft nicht bewahrheitet.
Die Angst der Verbraucher verflog relativ schnell, sobald das Virus unter Kontrolle war und der Konsum erholte sich zügig. Konsumenten können so gesehen auch schnell wieder zur Normalität zurückkehren, wenn die wirtschaftlichen Erwartungen sich stabilisieren.
Die Krise als Katalysator für neue Konsummuster
In Krisen können sich eingeschliffene Muster des Konsumentenverhaltens strukturell ändern. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf Online-Käufe. Wenn Einkaufen im stationären Handel wegen möglicher Ansteckungsgefahren unpopulärer wird, wird die Online-Alternative umso attraktiver. Dies ließ sich bei den letzten Epidemien in Asien beobachten
Im Jahr nach der Schweinegrippe 2010 verzeichnete China nach Daten von Statista einen Zuwachs neuer Online-Käufer um mehr als 50 Prozent. Ein ähnliches Muster zeigte sich in Südkorea nach dem Ausbruch von MERS. Im Monat des Ausbruchs stieg das Transaktionsvolumen von Online-Shopping im Vorjahresvergleich um 19 Prozent und im darauffolgenden Monat sogar um 27 Prozent, wie das koreanische Statistikamt mitteilt.
Ebenfalls in Asien zeigt sich, dass die größere Online-Affinität in Epidemien auch eine Chance für neue Online-Firmen sein kann. Die SARS-Epidemie in China diente als Katalysator für den E-Commerce-Markt. Die großen Online-Shopping-Plattformen wie Taobao und JD.com haben zu dieser Zeit ihr Geschäft aufgebaut und sich zu den heute meistgenutzten Onlineshops in China entwickelt.
Neuer Alltag, neues Konsumverhalten
Die Angst vor möglichen Ansteckungsrisiken beeinflusst das Verhalten der Konsumenten bereits sehr deutlich. Nach Daten des Bankenverbandes ist über die Hälfte der Girocard-Zahlungen aktuell kontaktlos. Im Dezember war es nur ein gutes Drittel. In diesem Bereich ist die gegenwärtige Krise ein Anlass, Funktionen zu entdecken, die den Konsumenten davor noch nicht so wichtig waren.
Dies ist Teil eines deutlichen Trends. Laut einer aktuellen Konsumenten-Umfrage von Deloitte fühlt sich in Deutschland lediglich einer von drei Befragten momentan sicher beim Einkaufen in stationären Geschäften.
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