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Von in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 5 Minuten
Fed-Chef Jerome Powell (71) mit Ehefrau
Fed-Chef Jerome Powell (71) mit Ehefrau: Angesichts des Drucks, der von gleichbleibender Nachfrage bei rückläufigem Angebot ausgeht, werden die Zentralbanken die Leitzinsen länger höher halten müssen. | Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Ein langsameres Wirtschaftswachstum gilt für gewöhnlich als deflationär, denn es signalisiert eine schwache Nachfrage. Aber das trifft hier unserer Ansicht nach nicht zu. Wir denken, dass sich das Wachstum in Ländern mit alternder Gesellschaft nicht wegen schwächerer Nachfrage verlangsamt, sondern weil die Unternehmen wegen des Arbeitskräftemangels nicht mehr so viel produzieren können wie bisher. Die Nachfrage spielt dabei keine Rolle. Vielmehr könnte die Alterung aus unserer Sicht unter dem Strich die Inflation antreiben.

Warum ist das so? Ältere Menschen sind in der Regel im Ruhestand und produzieren aus ökonomischer Sicht weniger. Der gelbe Streifen in Grafik 1 zeigt, dass das Erwerbseinkommen in späteren Lebensphasen sinkt, die Ausgaben in der Regel jedoch nicht.

Grafik 1: Sparen und dann ausgeben. Arbeitseinkommen und Konsumausgaben nach Alter in den G20

Quelle: BlackRock Investment Institute und National Transfer Accounts, März 2024. Die Grafik zeigt das Verhältnis von Arbeitseinkommen und Konsumausgaben gegenüber dem Alter der Bevölkerung. Angegeben ist der Bereich zwischen dem 25. und 75. Perzentil der Gesamtbevölkerung. Die Daten beziehen sich auf die G20-Länder und umfassen den Zeitraum von 2000 bis 2019.

Der orange Streifen verdeutlicht, dass sich der Gesamtkonsum ziemlich gleichmäßig über die Jahre des Erwachsenenlebens verteilt – auch wenn sich die Art der Ausgaben durchaus verändern mag, so steigen bei Älteren meist die Gesundheitskosten. Dazu verwenden sie Ersparnisse, darunter auch Renteneinkünfte, die sie während ihres Erwerbslebens aufgebaut haben. Dafür steht in der Grafik die Lücke zwischen dem gelben und der orangen Streifen. Bei sonst gleichen Bedingungen wird also gesamtwirtschaftlich gesehen weniger produziert, während die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen gleich bleibt – was die Inflation anheizt.

 

Aber bleibt tatsächlich alles andere gleich? Über diese Frage wird kontrovers diskutiert. Zum einen könnten Menschen in Ländern mit steigender Lebenserwartung (beispielsweise dank Fortschritten im Gesundheitswesen) sich dafür entscheiden, weniger auszugeben und mehr zu sparen und ihren wahrscheinlich längeren Ruhestand zu finanzieren. Das scheint logisch, aber wie Goodhart and Pradhan (2020) (Studie in englischer Sprache) zeigen, sieht es in der Praxis anders aus. Je älter eine Bevölkerung ist, desto niedriger fällt tendenziell die allgemeine Sparquote aus, wie die abwärts verlaufende Linie in Grafik 2 verdeutlicht.

Grafik 2: Alternde Bevölkerungen sparen weniger. Sparquoten in den G20, 1995-2019

Quelle: BlackRock Investment Institute und Weltbank mit Daten von Haver, März 2024. Anmerkung: Die Grafik zeigt die Bruttosparquote als Anteil des BIP für die G20-Länder sowie den Abhängigenquotient, also das Verhältnis der Bevölkerung im nicht erwerbsfähigen und erwerbsfähigen Alter. Die farbigen Punkte zeigen die Beobachtungen in Fünfjahresabständen im Zeitraum von 1995 bis 2019.

Die große Streuung der Punkte um die Linie bedeutet, dass die Alterung in einigen Ländern deutlich größeren Einfluss auf die Sparquote hat als in anderen. Zum anderen könnte die Nachfrage in anderen Bereichen sinken. So geht aus historischen Daten hervor, dass beispielsweise in Ländern mit alternder Gesellschaft die Unternehmensinvestitionen tendenziell weniger zum BIP beitragen.

Wir erwarten, dass dieser Trend zwar anhält, aber weniger ausgeprägt sein wird, als manche vermuten, da Unternehmen mehr in Automatisierung, KI, den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und das Gesundheitswesen investieren. Zudem werden die Ausgaben des Staates sehr wahrscheinlich steigen – vor allem für die Gesundheitsversorgung – und dazu beitragen, einen etwaigen Rückgang der Unternehmensinvestitionen wettzumachen.

In Ländern mit alternder Bevölkerung nimmt der Inflationsdruck zu

In der Summe wird dies unseres Erachtens dazu führen, dass in Ländern mit alternder Bevölkerung der Inflationsdruck tendenziell wächst. Auf längere Sicht könnte er nachlassen, wenn der Staat und die Verbraucher ihr Ausgabe- und Sparverhalten anpassen. Bis dahin aber dürfte der Druck, der von gleichbleibender Nachfrage bei rückläufigem Angebot ausgeht, bedeuten, dass die Zentralbanken die Leitzinsen höher halten müssen, damit die Wirtschaft nicht aus dem Gleichgewicht gerät.

Aber wie viel höher müssen die Leitzinsen sein? Wir schätzen, dass der neutrale Zinssatz, der die Wirtschaft weder bremst noch stimuliert, in den Industrieländern im Schnitt um 0,5 Prozent über dem Niveau vor der Pandemie liegen könnte. Ermittelt haben wir dies anhand eigener Analysen zur künftigen Entwicklung der Investitions- und Sparquote infolge der Alterung. Eingeflossen sind ferner die Ergebnisse einer Untersuchung von Rachel und Summers von 2019 zur Zinssensitivität gegenüber Veränderungen bei den Ausgaben.

Allerdings dürfte sich der neutrale Zinssatz von Land zu Land unterscheiden, je nachdem, wie stark der Alterungseffekt jeweils ist und ob ein Land Maßnahmen ergreifen kann, um den Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter zu kompensieren, sowie wie stark sich die Spar- und Investitionsausgaben verändern.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.
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