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Globale demografische Entwicklung Indien, Indonesien und die Philippinen profitieren von der demografischen Dividende

Grundschüler am ersten Schultag auf Java, Indonesien
Grundschüler am ersten Schultag auf Java, Indonesien: In Süd- und Südostasien wächst die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, während der Anteil der Kinder in der Bevölkerung sinkt. | Foto: Imago Images / Xinhua

In den frühen 1980er-Jahren standen die Nachkriegs-Babyboomer (zwischen 1946 und 1964 Geborene) in den Ländern mit hohem Einkommen im Erwerbsleben oder waren kurz davor, in den Arbeitsmarkt einzutreten. In den folgenden Jahrzehnten sorgte die Integration Chinas in die Weltwirtschaft und insbesondere der Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 für ein gigantisches Angebot an kostengünstigen Arbeitskräften, wodurch das globale Wachstum angekurbelt und die Inflation stabil gehalten wurde.

Dieser Trend ist jedoch weitgehend abgeschlossen und könnte sich nun umkehren, weil ein Rückgang sowohl der Geburten- als auch der Sterblichkeitsrate dazu führt, dass die Volkswirtschaften mit einer kleineren Erwerbsbevölkerung eine wachsende Zahl von Rentnern versorgen müssen. Dieser strukturelle Wandel in der Demografie ist besonders in den entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten, wo der Altenquotient – das Verhältnis der älteren Menschen (65 Jahre und älter) zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre) – in Ländern wie Japan, Südkorea und Italien dramatisch ansteigt.

In China nimmt die Erwerbsbevölkerung rasch ab

Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter könnte in Asien insgesamt schon bald abnehmen – und zwar schneller als in den Industrieländern, was vor allem auf China zurückzuführen ist. Während das Durchschnittsalter in der EU und den USA innerhalb eines halben Jahrhunderts (1970-2020) von 30 auf 40 Jahre anstieg, dauerte dieser Prozess in Japan nur 23 Jahre (1976-1998), in Südkorea 16 Jahre (1999-2015) und in Taiwan 20 Jahre (1998-2018). China befindet sich auf dem gleichen Weg wie Japan, wobei das Durchschnittsalter nach Prognosen der Vereinten Nationen schon 2025 40 Jahre erreichen wird.

Doch während die Weltbevölkerung weiter wächst, sind die Länder mit dem höchsten Bevölkerungswachstum, die fast alle in Afrika liegen, in der Regel politisch weniger stabil und weniger in die Weltwirtschaft integriert. Vor diesem Hintergrund wird die Bevölkerungsalterung langfristig wahrscheinlich zu einem strukturellen Arbeitskräftemangel führen.

USA: Nach der Pandemie setzte der Arbeitskräftemangel ein

Die USA, gemessen am BIP die größte Volkswirtschaft der Welt, sehen sich seit der Pandemie mit einem anhaltenden Arbeitskräftemangel konfrontiert. Die Gründe dafür sind vielfältig, zu nennen sind die Alterung der Bevölkerung, die Forderung der Arbeitnehmer nach besseren Konditionen und der Rückgang der Zuwanderung. Ein wesentlicher Faktor ist die steigende Zahl der 55- bis 64-Jährigen, die sich für den Vorruhestand entscheiden, unter anderem aus gesundheitlichen Gründen, aber auch wegen der durchschnittlich stark gestiegenen Vermögen. Nach Angaben der US-Notenbank lag der Anteil der Rentner an der US-Bevölkerung Ende 2022 um fast 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnittstrend vor der Pandemie, was bedeutet, dass rund 1,6 Millionen Menschen früher aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind als erwartet. Zwischen 2020 und 2022 nahm die Erwerbsbevölkerung im Haupterwerbsalter (25-54 Jahre) in den USA um rund 1,1 Millionen zu, eine Zahl, die vom Anstieg der Bevölkerung im hohen Alter (65 Jahre und älter) um 5,3 Millionen in den Schatten gestellt wird. Die große Zahl der Frührentner in Verbindung mit dem geringeren Wachstum in den jüngeren Altersgruppen bedeutet: Die Erwerbsbevölkerung wird nicht in vollem Umfang aus einheimischen Ressourcen aufgefüllt, was zu einer zunehmenden Kluft zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot führt.

 

Mit Blick auf die Zukunft dürfte die steigende Zahl der Menschen, die aus verschiedenen Gründen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, zu einem Rückgang der Erwerbsquote führen und die Probleme beim Arbeitskräfteangebot verschärfen. Ohne nennenswerte Produktivitätssteigerungen könnte der strukturelle Rückgang der verfügbaren Arbeitskräfte zu einem stärkeren Anstieg der Löhne führen, was letztlich die Inflation in die Höhe treibt.

Asien: Unterschiede bei der demografischen Dividende

Im Jahr 2021 wird die Bevölkerung Asiens rund 4,3 Milliarden Menschen umfassen und damit 2,6 Mal größer sein als 1960. Nach Prognosen der Vereinten Nationen wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Asien bis 2050 um das 3,3-fache größer sein als 1960.

In den späten 2020er-Jahren werden voraussichtlich 80 Prozent der asiatischen Bevölkerung in Ländern leben, in denen die Geburtenrate unter dem Reproduktionsniveau liegt.

Dieser Trend hat sich über einen längeren Zeitraum angekündigt: Das Bevölkerungswachstum in Asien ist in den letzten vier Jahrzehnten stetig zurückgegangen. Nachdem es 1966 einen Höchststand von 2,5 Prozent erreicht hatte, verlangsamte sich das jährliche Bevölkerungswachstum auf durchschnittlich 0,7 Prozent im Zeitraum 2018-2022. Die demografischen Aussichten der Region ändern sich schnell, weil die Gesamtfruchtbarkeitsrate (Total Fertility Rate, TFR, die durchschnittliche Anzahl der Kinder, die eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommt) stetig sinkt. Zum Vergleich: Im Zeitraum 1960-1965 lebten nur 5,4 Prozent der asiatischen Bevölkerung in Ländern mit einer Fruchtbarkeitsrate unterhalb der Geburtsziffer von 2,1 Kinder pro Frau, die die Reproduktion einer Bevölkerung gewährleistet. Diese Zahl stieg auf 43,9 Prozent im Zeitraum 1990-1995, als die Fruchtbarkeitsrate Chinas unter das Reproduktionsniveau fiel. In den späten 2020er-Jahren, wenn die Fruchtbarkeitsrate in Indien voraussichtlich unter 2,1 sinken wird, werden voraussichtlich 80 Prozent der asiatischen Bevölkerung in Ländern leben, deren Fruchtbarkeitsrate sich unter dem Reproduktionsniveau bewegt.

Tempo und Zeitpunkt dieses Übergangs sind in Asien sehr unterschiedlich. China, der Hauptmotor des globalen Wirtschaftswachstums in den vergangenen zwei Jahrzehnten, erlebt derzeit einen beispiellosen demografischen Wandel. Laut Regierungsstatistiken ging die Bevölkerung des Landes im Jahr 2022 zum ersten Mal seit der beispiellosen chinesischen Hungerkatastrophe der Jahre 1959-1961 zurück. Als Reaktion auf den starken Rückgang der Geburtenrate beendete die Regierung 2016 die Ein-Kind-Politik, die sie 1980 eingeführt hatte. Doch die Bemühungen der Regierung, die Geburtenrate zu erhöhen, waren bisher wenig erfolgreich. Wenn die Geburtenrate nicht eine noch nie dagewesene Wende erfährt, wird die chinesische Bevölkerung wahrscheinlich weiter schrumpfen und der Abhängigkeitsquotient im Laufe des 21. Jahrhunderts weiter ansteigen. Damit befindet sich China in der gleichen Situation wie Japan, Südkorea und Taiwan.

Im Gegensatz dazu sind die demografischen Bedingungen in Süd- und Südostasien wesentlich günstiger. Länder wie Indien, Indonesien und die Philippinen profitieren nach wie vor von ihrer demografischen Dividende, was bedeutet, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wächst und der Anteil der Kinder in der Bevölkerung sinkt. Mit einer vernünftigen Regierungspolitik kann diese demografische Dividende in den kommenden Jahren in ein schnelleres Wirtschaftswachstum überführt werden.

Langsameres Wirtschaftswachstum…

Die sich beschleunigende Alterung der Bevölkerung wird erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben und wahrscheinlich zu einer Verlangsamung des Wachstums beitragen. Ohne substanzielle Produktivitätssteigerungen dürfte eine abnehmende Erwerbsbevölkerung unmittelbar zu einer geringeren Produktion führen. Darüber hinaus könnte eine ältere Bevölkerung eine geringere Nachfrage nach Immobilien und damit verbundenen Ausgaben haben. Dies wiederum könnte die Investitionen in Produktionskapazitäten, Infrastruktur und dergleichen schmälern.

…und höhere Preise zu erwarten

Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Inflation sind noch komplizierter. Eine schrumpfende Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird wahrscheinlich einen Aufwärtsdruck auf das Lohnwachstum ausüben, was zu einer höheren Inflation führen könnte. Die Erfahrungen Japans in den vergangenen drei Jahrzehnten signalisieren jedoch, dass die Beziehung zwischen Bevölkerungsalterung und Inflation möglicherweise nicht so einfach ist, wie einige Theorien vermuten lassen. Jüngste Untersuchungen zeigen insbesondere, dass die „jüngere“ Alterskohorte (65-75 Jahre) die Inflation tendenziell in die Höhe treibt, während die Zunahme der „älteren Alten“ (75+ Jahre) stark deflationär ist. Insgesamt erwarten wir jedoch, dass die demografische Entwicklung im kommenden Jahrzehnt wahrscheinlich zu einer höheren Inflation beitragen wird.

KI als Abhilfe?

Der Inflationsdruck könnte durch

  • die positiven Auswirkungen einer verbesserten Ausbildung auf die Produktivität der Arbeitnehmer
  • oder die schnellere Einführung von Automatisierung und
  • anderen produktivitätssteigernden Technologien wie künstlicher Intelligenz gemildert werden.

Solche Technologien erscheinen zwar vielversprechend, eröffnen aber neue Debatten über ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Einkommensverteilung.

Lesen Sie hier mehr dazu: Megatrends: Von langfristigen Wachstumstreibern zu Anlagethemen 

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