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Demographischer Wandel Die Weltwirtschaft wird alt – aber auch weise?

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Alterung hemmt Wirtschaftswachstum massiv

Am 27. April meldete das Bureau of Economic Analysis, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal mit einer annualisierten Rate von lediglich 0,5 Prozent wuchs. Dies bedeutete eine Halbierung der Wachstumsrate gegenüber dem vierten Quartal 2015 und stellte zudem den niedrigsten Quartalszuwachs seit dem ersten Quartal 2014 dar. Darüber hinaus war es das dritte Quartal in Folge, in dem sich das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes verlangsamte.

Basierend auf diesen enttäuschenden Zahlen scheint es, dass die massiven quantitativen Lockerungsprogramme der Zentralbanken („Quantitative Easing“, QE) zwar geholfen haben, die Folgen der übermäßigen Verschuldung abzumildern. Sie hatten jedoch keinen Erfolg darin, das Wachstum zu stimulieren.

Einige sind der Ansicht, dass die diesen Programmen zugrunde liegende Wirtschaftstheorie von Anfang an mit erheblichen Fehlern behaftet war. Andere sind der Auffassung, dass es keine Alternativen gibt und das womöglich noch mehr Liquidität bereitgestellt werden muss.

Diskussionen über den Sinn und Unsinn von QE hin und her: es gibt reale und strukturelle Probleme, die einen Hemmschuh für das Wirtschaftswachstum darstellen – vor allem die bereits oben angesprochene rapide Alterung der Bevölkerung.

Demografische Trends sind wie undichte Wasserleitungen

Wie kann die wirtschaftliche Anpassung an eine Welt erfolgen, in der die Menge an Gütern und Dienstleistungen gleich bleibt, aber eine immer geringere Zahl von Menschen diese Produkte und Dienstleistungen tatsächlich konsumiert? Fallende Preise? Deflation?

Demografische Trends sind wie undichte Wasserleitungen. Über Jahre oder Jahrzehnte hinweg kann unbemerkt Wasser aus ihnen austreten, bis es dann plötzlich zu einem akuten Rohrbruch kommt. In anderen Worten: Obwohl die demografischen Verschiebungen bisher allmählich und harmonisch scheinen, könnte dies künftig zu erheblichen Verwerfungen in der Weltwirtschaft und an den globalen Märkten führen. Es ist wichtig, sich folgendes vor Augen zu halten: Produktion erfordert Menschen, und zwar nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch als Konsumenten. Das BIP-Wachstum setzt sich aus zwei grundlegenden Komponenten zusammen: Wachstum der Produktivität und Wachstum der arbeitenden Bevölkerung. Damit also eine Wirtschaft wächst, ist es erforderlich, dass entweder die Bevölkerung im erwerbstätigen Alter oder die Produktivität steigt.

Wirtschaftliche Implikationen des Ruhestands nicht abzusehen

Die Vorstellung, im Alter von 65 Jahren aus der erwerbstätigen Bevölkerung auszuscheiden, um einen neuen, gemütlichen Lebensabschnitt zu beginnen, der von Sport- und Freizeitaktivitäten, schönen Reisen und einem komfortablen Lebensstil geprägt ist, ist historisch relativ neu – und sehr westlich.

Während des Großteils der menschlichen Geschichte haben Menschen gearbeitet, solange sie körperlich dazu in der Lage waren, und starben schon bald danach. Dies ist leider in einigen Teilen der Welt auch heute noch der Fall. Das Konzept des Ruhestands ist zwar ein großer sozialer Fortschritt, die längerfristigen wirtschaftlichen Implikationen können jedoch nicht vollständig verstanden oder vorhergesehen werden.

Die Ein-Kind-Politik in China zum Beispiel: Sie hat eine Bevölkerungsschicht entstehen lassen, in der jeder Arbeiter im späteren Leben wahrscheinlich zwei Eltern, vier Großeltern und möglicherweise noch seine eigenen Kinder unterstützen muss. Hinzu kommt, dass der chinesische Staat kein Sozialversicherungsprogramm oder ein ähnliches Sicherheitsnetz bietet und dass ein großer Teil der Bevölkerung immer noch unter der Armutsgrenze lebt. Was werden die Aussichten dieser Menschen sein, überhaupt in den Ruhestand zu treten – von Geltungskonsum ganz zu schweigen?