Finanzexperte Marshall Stocker
Demokratie und Geldanlage
Aktualisiert am 04.06.2021 - 14:31 Uhr
Marshall Stocker ist Portfoliomanager bei der Investmentgesellschaft Eaton Vance. Foto: Eaton Vance
Je besser die Demokratie, desto höher die Renditen, könnte man meinen. Doch weit gefehlt: Tatsächlich hat sich der Einfluss des Systems auf Wirtschaftspolitik und Investitionsbedingungen verändert. Das zeigt Marshall Stocker von der Investmentgesellschaft Eaton Vance in einer Länderanalyse.
Haben Anleger die Bedeutung von wirtschaftlicher Freiheit und Wirtschaftspolitik für die Wertentwicklung ihres Portfolios erkannt, wollen sie wahrscheinlich auch wissen, welche Faktoren für Veränderungen dieser Freiheit verantwortlich sind. Genau dieser Frage gehen wir in dieser Studie nach. Dazu analysieren wir, wie politische Institutionen und Grundfreiheiten (insbesondere Demokratie) die wirtschaftliche Freiheit beeinflussen (Abbildung D).
Abbildung D: Welche Bedeutung hat Demokratie für wirtschaftliche Freiheit?
Bevor wir in die Details gehen, wollen wir darauf hinweisen, dass bereits zahlreiche wissenschaftliche Studien die Voraussetzungen für eine Zu- oder...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Haben Anleger die Bedeutung von wirtschaftlicher Freiheit und Wirtschaftspolitik für die Wertentwicklung ihres Portfolios erkannt, wollen sie wahrscheinlich auch wissen, welche Faktoren für Veränderungen dieser Freiheit verantwortlich sind. Genau dieser Frage gehen wir in dieser Studie nach. Dazu analysieren wir, wie politische Institutionen und Grundfreiheiten (insbesondere Demokratie) die wirtschaftliche Freiheit beeinflussen (Abbildung D).
Abbildung D: Welche Bedeutung hat Demokratie für wirtschaftliche Freiheit?
Bevor wir in die Details gehen, wollen wir darauf hinweisen, dass bereits zahlreiche wissenschaftliche Studien die Voraussetzungen für eine Zu- oder Abnahme von wirtschaftlicher Freiheit und Wirtschaftswachstum untersucht haben. Die Ergebnisse dieser Studien verdeutlichen die komplexe Rolle politischer Institutionen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
- Laut De Haan und Siermann (1996) ist die Beziehung zwischen Demokratie und Wirtschaftswachstum kompliziert oder irrelevant.
- Barro (1996) stellt eine nichtlineare Beziehung zwischen Demokratie und Wachstum fest: Zunächst fördert wachsende politische Freiheit das Wirtschaftswachstum, ab einem bestimmten Punkt schlägt diese Wirkung jedoch ins Gegenteil um.
- Chauffour (2001) hält einen positiven Einfluss auf das Wachstum für wahrscheinlich, wenn sich der Staat auf die Kernfunktionen der Regierungsverantwortung beschränkt, was den Schutz von Bürgerrechten und die Versorgung mit wesentlichen öffentlichen Gütern einschließt. Wächst der Staat jedoch über diese Kernfunktionen hinaus, sinkt das Wirtschaftswachstum.
- Lundström (2005) untersucht die Beziehung zwischen Demokratie und wirtschaftlicher Freiheit in Entwicklungsländern und kommt zu dem Ergebnis, dass die wirtschaftliche Freiheit in Demokratien größer ist.
- Stocker (2016) erkennt einen zwiespältigen Einfluss der Demokratie, sofern man nach dem Ausgangsniveau wirtschaftlicher Freiheit einzelner Länder differenziert.
- Murphy (2018) findet keine eindeutigen Belege dafür, dass eine vollständig oder unvollständig demokratische Ordnung für die Erlangung wirtschaftlicher Freiheit überlegen ist.
Die Beziehung zwischen Demokratie und wirtschaftlicher Freiheit ist möglicherweise nicht einfach, sondern komplex und nuanciert (also nichtlinear) ist. Um die Hypothese einer nichtlinearen Beziehung zu testen (das heißt die Beziehung zwischen Demokratie und wirtschaftlicher Freiheit kann sowohl positiv als auch negativ sein), haben wir ein Modell entwickelt, das:
- komplexe, nichtlineare Beziehungen abbilden kann,
- mehrere Zeiträume vergleicht, um mögliche Veränderungen in den Korrelationen zu erfassen,
- Teilmengen von Ländern mit unterschiedlichem Ausgangsniveau wirtschaftlicher Freiheit vergleicht (Ein Großteil der bisherigen wissenschaftlichen Forschung konzentriert sich auf die Bedingungen, die einer Zunahme wirtschaftlicher Freiheit in den am wenigsten entwickelten Ländern vorausgehen. Liberale Länder, in denen die wirtschaftliche Freiheit in diesem Jahrhundert stagnierte oder zurückging, kommen in der Literatur dagegen selten vor. Wir wollten vor allem überprüfen, welche Einflussfaktoren einen Verlust wirtschaftlicher Freiheit in denjenigen Ländern fördern, die bereits zu den liberalen zählen.)
- Teilmengen von Ländern miteinander vergleicht, die sich durch hohe prozentuale Gewinne oder Verluste wirtschaftlicher Freiheit voneinander unterscheiden.
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