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Alan Siow im Interview „Der Ausfall von Evergrande hat keine systemischen Folgen“

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Worauf müssen Privatanleger aber auch institutionelle Investoren jetzt achten?

Siow: Investoren sollten ihre Portfolios auf schwächere Unternehmen überprüfen, die Probleme haben könnten, das derzeitige enge regulatorische und finanzielle Umfeld zu bewältigen. Obwohl ich nicht davon ausgehe, dass die Zahlungsunfähigkeit von Evergrande systemische Folgen hat, könnten im aktuellen Umfeld auch andere kleinere, weniger gut finanzierte Immobilienentwickler in Schieflage geraten.

Im gegenwärtigen Umfeld erwarte ich, dass sich der Immobilienmarkt abkühlen wird. Sofern dies noch im Einklang mit den erklärten politischen Zielen der Regierung zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes und der Verhinderung von Immobilienblasen steht, sollten wir auch mit einer möglichen Lockerung der Politik rechnen.

In welchen Bereichen sehen Sie Chancen auf dem chinesischen Kapitalmarkt?

Siow: Der chinesische Immobiliensektor ist für uns nach wie vor attraktiv. Bedenken Sie bitte, dass sich der Sektor schon in früheren Phasen auf ähnliche Renditen wie heute ausgeweitet hatte, bevor er sich anschließend wieder erholte.

Tatsächlich wurden chinesische Immobilien-Anleihen erst 2018 auf einem ähnlichen Niveau gehandelt, als die Sorgen über einen sich verlangsamenden physischen Immobilienmarkt und die Spannungen zwischen China und den USA für die Anleger im Vordergrund standen. Angesichts der attraktiven Bewertungen denke ich, dass Anleger für das Risiko angemessen entschädigt werden.

Mit welchen weiteren politischen Maßnahmen rechnen Sie?

Siow: Ich gehe davon aus, dass die Behörden Evergrande auch in Zukunft als privates Unternehmen sehen möchten. Dem moralischen Risiko einer Rettung des Unternehmens durch Verstaatlichung werden sie widerstehen. Mittel- bis langfristig erfordert eine echte Kreditkultur in China das reale Risiko von Zahlungsausfällen und Umstrukturierungen.

Solange solche Ereignisse nicht zu systemischen Risiken oder einem Vertrauensverlust in den nationalen Immobilienmarkt führen, begrüße ich diesen Prozess. Ich schaue positiv in die Zukunft: In dem Maße, in dem die politischen Ziele in Bezug auf die Stabilisierung der Endpreise für Immobilien erreicht wurden, rechne ich auch damit, dass die Regierung ihre derzeit strengen politischen Vorgaben mäßigen wird.




Über den Interviewten:
Alan Siow arbeitet als Portfoliomanager im Anleihen-Team des Vermögensverwalters Ninety One in Hongkong. Hier verantwortet er die Geldanlagen in Unternehmensanleihen aus Schwellenländern und in chinesische Anleihen. Vorher war Siow in ähnlicher Funktion für Bluebay Asset Management tätig.

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