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Verknappung von Strom, Gas, Sprit Der Energiepreisanstieg geht keinesfalls rasch vorüber

Kohleabbau in Indonesien
Kohleabbau in Indonesien: Hohe Energiepreise treiben rund um die Welt die Förderung und den Verbrauch fossiler Brennstoffe an. | Foto: Imago Images / NurPhoto
Frederick Fromm, Franklin Equity Group

Die rasch steigenden Energiekosten sorgen seit Wochen für Schlagzeilen; die Preise für Rohöl und Erdgas haben Mehrjahreshochs erreicht. Rohöl der Sorte West Texas Intermediate wird erstmals seit 2014 bei mehr als 83 US-Dollar je Barrel (159 Liter) gehandelt und hat sich damit weit von seinem Pandemietief von 19,33 US-Dollar je Barrel entfernt. Die Erdgas-Futures wiederum sind auf ihren höchsten Stand seit 2013 gestiegen.

In Europa führen die rasch steigenden Erdgas- und Strompreise zu Befürchtungen, es könnte im Winter zu einer Energiekrise kommen. Die Erdgaspreise haben in einigen Regionen des Kontinents die Marke von 30 US-Dollar pro Million British Thermal Units (Btu) überstiegen, nachdem mehrere europäische Länder aggressiv den Beschaffungswettlauf verschärft haben und bei Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) unter anderem mit chinesischen Einkäufern konkurrierten. Branchen, in denen Erdgas als Energielieferant eingesetzt wird, etwa bei der Herstellung von Düngemitteln, Chemikalien und Kunststoffen, stehen vor großen Problemen. Hier löste die Preisrally einen verstärkten Umstieg von Erdgas auf Öl und sogar auf Kohle zur Stromerzeugung aus. Dies könnte die Ölnachfrage erheblich steigern und die Preise weiter stützen.

Während Europa mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hat, haben auch Brasilien und andere südamerikanische Länder Probleme bei der Energiebeschaffung: Weil aufgrund von Dürren weniger Energie aus Wasserkraft gewonnen werden kann, muss zur Stromerzeugung auf die Verfeuerung von Erdgas ausgewichen werden. Die LNG-Nachfrage aus der Region hat sich im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt, berichtet Bloomberg. Die hohe Nachfrage stößt allerdings auf ein geringeres LNG-Angebot, weil die Pandemie zu einem Rückgang um rund 5 Prozent im Jahresverlauf 2021 geführt hat, wie das US-Energieministerium kalkuliert.

Das Defizit bei der weltweiten Erdgasproduktion und schrumpfende Lagerbestände spielen beim gegenwärtigen Ungleichgewicht von Energienachfrage und -angebot eine entscheidende Rolle. So konzentrieren sich die regulatorischen Anstrengungen der chinesischen Regierung auf eine drastische Senkung der Kohlendioxidemissionen, indem Kohle durch kohlenstoffärmere Brennstoffe wie eben LNG ersetzt wird. Weil die US-Vorräte bereits unter ihrem saisonalen Fünfjahresdurchschnitt liegen, könnten die derzeit zunehmenden US-Erdgasexporte zusätzliche Preisspitzen in den Vereinigten Staaten auslösen, weil Kraftwerke und Fabriken auf der Nordhalbkugel aufgrund der beginnenden Heizperiode nun mit dem steigenden Wärmebedarf von Haushalten und Unternehmen konkurrieren.

Obwohl die US-Energieproduzenten in der Vergangenheit mit stärkerer Bohr- und Fördertätigkeit auf derartige Marktsignale reagierten, haben sie ihre Produktion vor der Rally mit Preisabsicherungen flankiert – jetzt können sie nur einen Teil ihrer höheren Ausgaben für die Ausweitung der Bohrtätigkeit durch die höheren Preise wettmachen.

Die Zahl der US-Bohranlagen für Erdgas hat sich von den Tiefs der Pandemie nur teilweise erholt und sich in diesem Sommer bei rund 100 stabilisiert. Dies entspricht (trotz des Gewinnanreizes durch die viel höheren Preise) nur der Hälfte des vorpandemischen Niveaus, wie die Erdöl-Service-Gesellschaft Baker Hughes informiert. Die börsennotierten Erdgasproduzenten konzentrieren sich, teilweise aufgrund des Drucks der Aktionäre, nicht auf Wachstum, sondern auf die Aktionärsrenditen und schwächen hierdurch die Reaktionsmöglichkeiten auf der Angebotsseite ab.

Die Öllagerbestände sind seit den Tiefs der Pandemie deutlich zurückgegangen und liegen nun unter den Niveaus vor Covid-19. Auf der Angebotsseite zeichnen sich die Energieunternehmen weiterhin durch Ausgabendisziplin und den Fokus auf Aktionärsrenditen aus. Die vorrangig global aufgestellten Öl- und Gaskonzerne entwickeln sich hingegen weg vom klassischen Geschäft und hin zu erneuerbaren Energien. Bei ihnen bieten sich aufgrund des hohen Cashflows gute Anlagechancen, die weit über den Renditen des S&P 500 liegen.

Angebot und Nachfrage deuten auf anhaltend höhere Preise hin

Die OPEC hat bisher noch nicht zugesagt, die Produktion zu steigern, um die hohe Nachfrage auszugleichen. Die Ölpreise werden daher auf hohen Niveaus bleiben müssen, um Anreize für zusätzliche Investitionen zu setzen. Dies sollte die Aktienwerte der Produzenten weiter stützen.

Nach unserer Auffassung dürfte sich auch jede weitere Konjunkturschwäche infolge der Virus-Ausbreitung als vorübergehend erweisen und stellt daher aus Anlegersicht lediglich eine kurzfristige Belastung für Rohstoffunternehmen dar. Die Impfkampagnen schreiten rasch voran, während die Fallzahlen in mehreren Ländern rückläufig sind und sich in anderen zu stabilisieren scheinen. Und obwohl eine Begrenzung der Exzesse am Immobilienmarkt und eine Abschwächung der Rohstoffinflation bei gleichzeitiger Verringerung der Umweltverschmutzung ratsam sind, wird China eine deutliche Verlangsamung seines Wirtschaftswachstums aus unserer Sicht nicht zulassen.

Unserer Auffassung nach werden die Preise weiterhin durch mehrere Faktoren gestützt, darunter den von Konjunkturanreizen angefachten Konsum und einer letztlichen Behebung der globalen Lieferkettenprobleme, die den Fertigungssektor beflügeln dürfte.

Auch die langfristigen Nachfragetrends bleiben unvermindert intakt. Die Ausgaben für den Ausbau der Infrastruktur und die Energiewende sollten den Verbrauch von Basismetallen und die Nachfrage der Industrieländer sowohl nach konventioneller als auch grüner Energie steigern. Erneuerbare Energiequellen, insbesondere Solar- und Windkraftprojekte, gehen nicht schnell genug ans Netz, um das Defizit zwischen Energienachfrage und -angebot auszugleichen.

Mit den rasch kletternden Energiepreisen nehmen die Risiken für die Konjunkturerholung zu und das Wachstum könnte hinter den Prognosen bleiben. Laut Ökonomen gleicht der Anstieg der Energiepreise noch lange nicht einem Ölpreisschock, durch den eine Rezession ausgelöst werden könnte. Der Trend ist aber beunruhigend und viel höhere Preise in der gesamten Wirtschaft könnten die Verbraucher vorsichtig werden lassen und den Konsum bremsen.

Anleger können locker bleiben

Aus Investmentsicht stimmen uns die Nachfrage- und Produktionstrends sowie die anhaltenden Angebotsbeschränkungen im Hinblick auf Rohstoffaktien, einschließlich Energie, weiterhin positiv.

Eine gezielte Titelauswahl ist jedoch unverzichtbar, da Rohstoffe für einzelne wirtschaftliche Trends in unterschiedlicher Weise anfällig sein können. Die Eisenerzpreise beispielsweise sind deutlich gesunken, da die chinesische Regierung Maßnahmen zur Verringerung von Inflation und Emissionen getroffen hat. Volatilität an den Immobilienmärkten könnte die Nachfrage weiter drosseln. Auch wenn dies viele Rohstoffe beeinflussen kann, dürften Baumaterialien wie Stahl und seine Ausgangsstoffe Eisenerz und Kokskohle aufgrund des immensen Einflusses des chinesischen Immobilienmarktes derzeit unverhältnismäßig stark betroffen sein. Und obwohl auch die Kupfermärkte in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, falls sich die Nachfrage im Baugewerbe verlangsamt, sind die Lagerbestände auf sehr niedrigen Niveaus. Zugleich erscheinen die langfristigen Nachfragetrends robust, da die Ausgaben für die Energiewende anziehen.

Wichtige rechtliche Hinweise:

Diese Unterlage soll ausschließlich allgemeinem Interesse dienen und ist nicht als persönliche Anlageberatung oder Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Wertpapiers oder zur Übernahme einer Anlagestrategie zu verstehen. Sie stellt auch keine Rechts- oder Steuerberatung dar.

Die in diesem Dokument enthaltenen Meinungen, Aussagen und Analysen geben die aktuelle Einschätzung zum Erscheinungsdatum (oder in einigen Fällen zu einem bestimmten Datum) wieder und können sich jederzeit ohne Vorankündigung ändern. Die vorliegenden Informationen stellen keine vollständige Analyse aller wesentlichen Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region oder einen Markt dar.

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