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Der EZB-Chef und der Arbeitsmarkt Darum mag Draghi deutsche Gewerkschaften

In Deutschland verhandeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Löhne - eine gute Gelegenheit, um zu schauen, ob die freundlichen Bedingungen am Arbeitsmarkt wohl zu schnellerem Lohnanstieg führen werden. Die Übersicht über die Verhandlungen nach Branchen von BI Economics zeigt, dass die Gewerkschaften 2016 solide Lohnforderungen aufgestellt haben. Hoffentlich wird sich das auch in deutlich besseren Löhnen niederschlagen. Bis konkrete Ergebnisse da sind, dürfte der Auftrieb bei den Lohnforderungen bei der Europäischen Zentralbank für Beruhigung sorgen, die sich wegen Zweitrundeneffekten durch die niedrige Inflation sorgt.

Deutsche Gewerkschaften haben bereits Streiks durchgeführt. Zum Teil deshalb, weil der Tarifvertrag für den öffentlichen Sektor für Bund und Kommunen dieses Jahr ausgelaufen wäre und für rund 2,1 Millionen Staatsbedienstete neu ausgehandelt werden musste. Neue Vereinbarungen werden üblicherweise in mehreren Runden zwischen Warnstreiks verhandelt. Erst nach der dritten Runde vorletzte Woche erzielten die Verhandlungsparteien eine Einigung: Die Löhne steigen dieses Jahr um 2,4 Prozent und nächstes Jahr um 2,35 Prozent. Die Gewerkschaften waren mit der Forderung von plus sechs Prozent in den nächsten zwölf Monaten in die Verhandlungen gegangen.

Weil Tarifverträge im Durchschnitt 22 Monate gelten, werden sie normalerweise jedes zweite Jahr neu verhandelt, im Wechsel zwischen den Branchen. 2016 aber geht es nicht nur um den öffentlichen Dienst. Auch mehr als 12 Millionen Angestellte sind direkt von Neuverhandlungen betroffen. Zwar unterliegen nur rund 55 Prozent der deutschen Wirtschaft Branchentarifverträgen, doch deren Konditionen wirken sich in weiteren Bereichen aus, weil sie meist als Referenz für andere Unternehmen herangezogen werden, die nicht solchen Verträgen unterworfen sind. Mit Ausnahme von Großkonzernen wie etwa Volkswagen werden sie normalerweise sowohl auf Branchen- als auch auf regionaler Ebene verhandelt. Die Tabelle unten zeigt die Tarifverträge, die dieses Jahr in wichtigen Branchen verhandelt werden:

Deutsche Tarifverträge, die 2016 neu verhandelt werden


Was uns diese Tabelle zeigt, ist, dass die Gewerkschaften im Durchschnitt fünf Prozent Lohnsteigerung fordern. Hohe Lohnforderungen sind allerdings nichts Ungewöhnliches. 2008 hatten die Gewerkschaften zum Beispiel eine Jahreserhöhung um acht Prozent in der Metall- und Elektroindustrie gefordert. Dennoch sind die Zahlen für 2016 solide. 2014, das letzte Jahr, für das eine umfassende Schätzung vorliegt, stiegen die Tariflöhne um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr - so stark wie zuvor seit mindestens 16 Jahren nicht mehr. Gefordert worden waren etwa sechs Prozent.

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