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Robert Halver über den EU-Hilfsfonds Der Fluch der vermeintlich guten Tat

Verschärfte Grenzkontrollen in Europa
Verschärfte Grenzkontrollen in Europa: Der Wiederaufbaufonds der EU soll den wirtschaftlichen Schaden durch die Corona-Pandemie dämpfen | Foto: IMAGO / Bernd März

Herzstück ist der Wiederaufbaufonds über 672,5 Milliarden Euro. Erstmals wird er über gemeinsame EU-Schulden gestemmt, die auch erstmals über kollektive EU-Anleihen finanziert werden. Die Politik spricht von Solidarität innerhalb der EU. Doch fallen auch die letzten europäischen Stabilitätshüllen mit allen nackten Folgeschäden.

„Lass keine Krise ungenutzt verstreichen“ (italienischer Philosoph Niccolò Machiavelli)

Die Pandemie ist auch eine Einlasstür für die Vergemeinschaftung von Staatsschulden. Dieses Instrument wurde bei Gründung der Europäischen Stabilitätsunion zwar ausgeschlossen. Doch fanden romanische Länder an Stabilitätsregeln immer schon so viel Gefallen wie meine Katzen am Tierarzt.

Daher war es nie verwunderlich, dass Frankreich und Italien ihnen von Anfang an Breitseiten verpassen. Bei der EZB war man bereits sehr erfolgreich. Mittlerweile hat sie mit der stabilen Geldpolitik der früheren Bundesbank so viel zu tun wie eine Frittenbude mit einem Sterne-Restaurant.

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Und jetzt in der Pandemie ist selbst das Schleifen der festesten Stabilitätsburg alternativlos geworden. Es werden gemeinschaftliche Schulden aufgenommen. Früher Europäische Stabilitätsunion, heute Romanische Schuldenunion. „Eurobonds“ - offiziell wird dieser politisch verbrannte Begriff nicht verwendet - werden Realität. 

Der Anstandswauwau der Stabilität darf zwar noch bellen oder eher winseln. So wurde als Bedingung für Konjunkturhilfen offiziell formuliert, dass Empfängerländer 37 Prozent in Klimaschutz und 20 Prozent in Digitalisierung stecken müssen. Zunächst, wie groß kann deren Erfolg sein, wenn bürokratische Verwaltung und infrastrukturelle Mängel der erhofften wirtschaftlichen Dynamik Knüppel zwischen die Beine werfen?

Übrigens, welche Sanktionsmöglichkeiten hat die EU gegen Länder, die die Mittel nicht zweckgebunden verwenden? Will man deren Vertretern beim nächsten EU-Gipfel den Nachtisch verweigern? Oder werden Korsika oder Sizilien unter Brüsseler Zwangsverwaltung gestellt? Nein, es gibt keine Bestrafungsmöglichkeit.

Geschenke erhalten die (europäische) Freundschaft

Im Gegenteil. Brüssel weiß, dass allein schon die Androhung eines Landes, aus der EU oder sogar der Eurozone auszutreten, zu massiver Eurosklerose führt. Die vielen finanz- und wirtschaftlichen Scharmützel der Vergangenheit zwischen EU-Ländern haben doch nicht zum europäischen Frieden beigetragen.

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