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„Der Gesetzgeber verhält sich wie ein Elefant im Porzellanladen“

Björn Drescher
Björn Drescher
DAS INVESTMENT.com: Wie glücklich sind Sie mit dem Diskussionspapier aus dem Hause Schäuble? 

Björn Drescher:  Eher unglücklich. Es ehrt zwar den Gesetzgeber, dass er etwas gegen die bisherigen Probleme innerhalb der Assetklasse unternehmen will. Aber dieser Entwurf schießt definitiv übers Ziel hinaus.

DAS INVESTMENT.com: Gehen wir die Änderungspläne einmal durch. Statt täglich sollen Anteile künftig frühestens nach zwei Jahren Haltedauer zurückgegeben werden können. Außerdem soll der Verkauf künftig mit einer Kündigungsfrist zwischen sechs und 24 Monaten angemeldet werden. Was halten Sie davon?

Drescher: Das ist in die richtige Richtung gedacht, führt aber letztlich zu einer Entmündigung der Anleger. Welcher Privatanleger kann denn schon so weitsichtig planen? Hinzu kommt, dass Immobilienfonds bisher in Wellen ge- und verkauft wurden. Dass es punktuell zu massiven Rückflüssen käme, wäre auch mit einer langen Kündigungsfrist nicht zu ändern, immerhin hätten die Gesellschaften dann eher Kenntnis davon und könnten sich früher darauf einstellen.
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DAS INVESTMENT.com: Und wie bewerten Sie die zusätzliche Einschränkung, dass Anteile künftig nur noch zweimal pro Jahr aus- oder zurückgegeben werden können?

Drescher:  Das geht entschieden zu weit und wäre zudem natürlich das Todesurteil für Spar- und Entnahmepläne. Man sollte nicht vergessen, dass die Gesellschaften Tausende Entnahmepläne führen. Wie soll das dann künftig funktionieren?

DAS INVESTMENT.com: Außerdem soll die Liquiditätsquote von der Kündigungsfrist abhängen. Bei zwölf Monaten Rückgabefrist soll sie bei zehn Prozent liegen, bei 18 Monaten sollen fünf Prozent reichen? Ist das der richtige Weg, um das Liquiditätsproblem in den Griff zu kriegen?

Drescher:  Auch hier würde ich sagen, richtig gedacht, falsch gemacht. Es macht zwar durchaus Sinn, die Höhe der Liquiditätsquote an die Rückgabefrist zu koppeln. Ein Problem kann man damit allerdings nicht aus der Welt schaffen, wie es 2008 zu beobachten war: Damals mussten auch Fonds mit einer Liquiditätsquote von 30 Prozent dichtmachen, weil sie viele institutionelle Kunden hatten, die dann große Summen abzogen. DAS INVESTMENT.com: Wenn die Liquiditätsquote eine Schließung nicht verhindern kann, was dann?

Drescher: In den angelsächsischen Ländern wird in Zeiten massiver Rückflüsse eine Verwässerungsgebühr erhoben, also höhere Transaktionsgebühren kassiert, die dann dem Fondsvermögen gutgeschrieben werden. Damit könnte hohen Abflüssen entgegengewirkt werden.

DAS INVESTMENT.com: Auch bei der Immobilienbewertung sind gravierende Änderungen geplant. Was halten Sie davon, die Objekte künftig alle sechs statt alle zwölf Monate zu bewerten?

Drescher:  Das bringt lediglich gefühlt mehr Sicherheit bei der Bewertung, das aber bei doppelt so hohen Gutachterkosten. Denn wenn der Markt stark in Bewegung gerät, nützt mir eine Zeitpunktbetrachtung gar nichts, egal, ob sie nun vor zwei oder acht Monaten erfolgte. Der aktuelle Verkehrswert ist dann eh ein anderer.

DAS INVESTMENT.com: Und der geplante Abschlag von zehn Prozent auf den ermittelten Verkehrswert, macht der aus Ihrer Sicht Sinn?

Drescher:
Welchen Sinn das haben soll, ist mir schleierhaft. Werden alle Objekte pauschal abgewertet, verschiebt sich doch lediglich die Kursschwankung nach unten. 

DAS INVESTMENT.com: Können Sie dem Entwurf auch Gutes abgewinnen?

Drescher: Ja, durchaus. Es ist zu begrüßen, dass die Frage, was nach zwei Jahren Schließung passieren soll, angegangen wird. Der Entwurf sieht vor, dass der Druck, Objekte zu verkaufen, um den Fonds wieder öffnen zu können, sukzessive erhöht werden soll. 

DAS INVESTMENT.com: Und Ihr Fazit unterm Strich zu dem Diskussionspapier? Daumen rauf oder runter?

Drescher: Daumen runter, insbesondere zur Art und Weise, wie der Entwurf präsentiert wurde. Der Gesetzgeber zeigt wenig Fingerspitzengefühl und erinnert eher an einem Elefanten im Porzellanladen. Und das zu einem Zeitpunkt, der ohnehin von größter Nervosität der Marktteilnehmer geprägt ist. Das wird sicherlich weitere Mittelabflüsse nach sich ziehen. Denn dass es sich bislang lediglich um ein Diskussionspapier handelt und noch nichts entschieden ist, das dürfte nicht jedem sofort klar sein.

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