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Der Megatrend auf dem Prüfstand Nachhaltig anlegen – was heißt das eigentlich?

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Bleibt nur die Frage, wie man die komplexe Materie zu einem Portfolio formt. Es gibt keinen einheitlichen Standard, der Begriff Nachhaltigkeit ist nicht festgelegt. Ebenso gibt es verschiedene Ansätze, nachhaltig anzulegen. Nebenschauplätze sind zum Beispiel sogenannte Green Bonds, also grüne Anleihen, die direkt umweltfreundliche Projekte finanzieren sollen. Oder wenn Investoren neben Rendite einen bestimmten sozialen oder ökologischen Nutzen erreichen wollen (Impact-Investing).

Wie die Statistik auf der vorangegangenen Seite zeigt, liegt in Europa die Schnittmenge darin, dass in fast jeder ESG-Anlage Ausschlusskriterien gelten: Hersteller und Händler bestimmter Produkte fliegen ersatzlos aus dem Portfolio. Das sind fast immer Waffen, Alkohol, Pornografie, Tabak und Glücksspiel. Zuweilen kommen je nach Auftraggeber weitere Geschäfte wie Abtreibung, Gentechnik und Atomenergie hinzu. Verhaltenstechnisch gelten Kinderarbeit, Diskriminierung und Sklaverei als K.-o.-Kriterien. Publikumsfonds legen übrigens besonders viele Ausschlusskriterien fest, weiß Till Jung zu berichten, der bei dem Analysehaus Oekom Research für die Geschäftsentwicklung verantwortlich ist: „Sie sollen damit den kleinsten gemeinsamen Nenner treffen und möglichst viele Anleger ansprechen. Institutionelle Fonds sind dagegen meist direkt auf den Auftraggeber zugeschnitten.“ Ein ausführliches Interview lesen Sie hier.

Neben dem Rausschmissverfahren ist es allgemein üblich, alle infrage kommenden Investitionsobjekte zusätzlich auf ESG-Kriterien abzuklopfen. Dann wählen Anleger entweder aus jeder Branche die relativ am besten abschneidenden Unternehmen (Best-in-Class-Ansatz). Oder sie gehen absolut vor und sortieren rein nach nachhaltigen Kriterien. Dabei riskieren sie aber, dass manche als schmutzig geltenden Branchen ganz außen vor bleiben.

Bei MSCI ESG und dem immerhin schon seit 1993 tätigen Konkurrenten Oekom Research entstehen bei der Analyse Hunderte Datenpunkte je Unternehmen. Am Ende gibt es eine Gesamtnote, die bei MSCI ESG von AAA bis CCC und bei Oekom Research von A+ bis D- reicht. Oekom Research verleiht zusätzlich Unternehmen den sogenannten Prime-Status, wenn sie zu den besten ihrer Branche gehören und bestimmte Minimumkriterien erfüllen. 350 von 3.800 untersuchten Firmen schaffen das zurzeit. Die Spitzenreiter ausgewählter Branchen zeigt die Grafik rechts. Eine Übersicht über ESG-Analysehäuser führt die Web-Seite www.nachhaltiges-investment.org.

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War VW nachhaltig oder nicht?

Dabei zeigt das Beispiel VW, wie Meinungen auseinandergehen können. Oekom Research hatte den Wolfsburgern ein durchaus gutes Zeugnis mit der Note Bausgestellt und wurde vom Abgasskandal kalt erwischt. Auch bei MSCI ESG hatte man die Abgassache nicht auf dem Zettel – wie auch? Dafür hatte man diverse Kungeleien und Managementpraktiken in Vorstand und Aufsichtsrat bemängelt und VW so eine gute Note verweigert. Man muss festhalten: Alle Beteiligten versuchen zweifellos, sorgfältig zu arbeiten. Trotzdem können sie Probleme übersehen.

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