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Der richtige Weg aus der Schuldenkrise

Dirk Gojny, HSH Nordbank
Dirk Gojny, HSH Nordbank
Das Publikum ist erlesen, die Location auch. Im Hamburger Ruderclub Hammonia mit fantastischem Blick auf die krengenden Segelboote der Außenalster haben sich 40 Top-Berater versammelt. Allesamt Certified Financial Planner (CFP), denn das abendliche Event gehört zu einer Vortragsreihe der von Antea-Geschäftsführer Johannes Hirsch organisierten Hamburger CFP-Regionalgruppe.

Passend zu den Marktturbulenzen teilt Dirk Gojny, Chefvolkswirt der HSH Nordbank seine Sichtweise zur europäischen Schuldenkrise mit.

„Die Welt in einer Ausnahmesituation“ überschreibt der Volkswirt seinen Vortrag. Zwar habe es immer schon Krisen und Staatspleiten und auch Zusammenbrüche des Finanzsektors sowie Hyperinflation gegeben. Doch früher seien viele dieser Krisen entweder auf einen einzelnen Faktor wie etwa beim Ölpreisschock in den 70er-Jahren oder auf einzelne Regionen wie bei der Tequila-Krise beschränkt.

Die Crux der Globalisierung

Die in den letzten zwei Dekaden immer stärker gewordene Vernetzung der Welt, was sowohl die Mobilität des Kapitals als auch die Zunahme des Welthandels betrifft, sorgt jedoch heutzutage dafür, dass sich Krisen in einem bisher nicht gekannten Ausmaß verschärfen, so Gojny. Das Wertvernichtungspotenzial habe zudem um ein Vielfaches zugenommen, globale Ungleichgewichte würden schonungslos aufgedeckt und zur Lösung der Probleme müssten alle Marktteilnehmer durch das gleiche Nadelöhr, nennt der Volkswirt weitere Faktoren für die Verschärfung der aktuellen Krise.

Neue Geschäftsmodelle müssten her, denn die politischen Einflussmöglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft. „Die Fiskalpolitik kann nicht weiter stützen, weil in vielen Ländern aufgrund ihrer hohen Verschuldung die Hände für weitere Konjunkturprogramme gebunden sind“, sagt Gojny.

Und: Auch die Geldpolitik könne nicht helfen, weil sie in der Liquiditätsfalle stecke. „Die Leitzinsen sind in vielen entwickelten Volkswirtschaften auf null gesunken, das zusätzliche Fluten mit Liquidität hat kaum stimulierende Wirkung auf die Realwirtschaft“, so der Experte von der HSH-Nordbank. Zudem haben die Risiken aus einem nicht mehr kontrollierbaren Inflationsanstieg zugenommen.

Neun Reaktionsmöglichkeiten auf die Schuldenkrise

Gojny sieht insgesamt neun mögliche Reaktionsweisen auf die aktuelle Schuldenkrise:

1.    Austerity („Sparen, bis der Arzt kommt“)
Drastische Reduzierung der Staatsausgaben, Erhöhung der Einnahmen durch neue Steuern mit dem Ziel Primarüberschüsse zu erzielen.

2.    Herauswachsen
Auf den Faktor Zeit setzen, denn die Wirtschaft wächst gemessen am Bruttoinlandsprodukt schneller als die Schulden, sodass sich der Quotient aus absoluter Höhe der Verschuldung und absoluter Höhe des BIP mit der Zeit verringert. Erfordert unternehmerfreundliches Umfeld und Anlocken von Auslandsinvestitionen.

3.    Marshallplan (European Recovery Program)
Bereitstellen umfangreicher Mittel, um Ländern mit einer schwacher wirtschaftlicher Basis die Entwicklung des Landes zu ermöglichen, keine Konzentration auf infrastrukturelle Maßnahmen, Stärkung/Aufbau der Industrie.
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