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Was außerdem noch zählt „Der Schuldenstand zeigt nicht die ganze Geschichte“

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Erstens befanden sich die meisten aufstrebenden Volkswirtschaften an einem relativ niedrigen Punkt im Konjunkturzyklus. Die Gesamtnachfrage lag unter ihrem Potenzial, während strukturelle Veränderungen die Inflation und Wechselkurse recht gut im Griff behielten. Das erlaubte den Zentralbanken, die Zinsen zu senken, ohne die Inflationsrisiken zu erhöhen.

Zweitens bremsten breit angelegte und mutige Maßnahmen der Zentralbanken in den Industrieländern die Aufwertung des US-Dollars und beruhigten die Turbulenzen an den globalen Finanzmärkten. Diese beiden Faktoren ermöglichten in den meisten aufstrebenden Volkswirtschaften eine koordinierte politische Reaktion zwischen den Finanz- und Geldbehörden – selbst bei begrenztem fiskalischem Spielraum.

Drittens hat sich in den Schwellenländern in Bezug auf Inflation einiges verbessert. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die Zentralbanken an Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit gewonnen. Zusammen mit dem Trend hin zu konsolidierten Haushalten verringerten die institutionellen Fortschritte der Zentralbanken die Gefahr, dass die Inflationsaussichten auf globale und inländische Inflationsschocks zu sensibel reagieren. Das trug dazu bei, dass sich die langfristigen Inflationserwartungen den Zentralbankzielen annäherten.

Worauf müssen Sie am meisten achten, wenn Sie Ihr Portfolio verwalten? Allein die Schuldenlast kann es doch nicht mehr sein, oder?

Vander Elst: In der Tat beeinflusst der globale Zustand der Wirtschaft sehr stark eine Anlageklasse wie Schwellenländeranleihen. Als Faustregel können wir sagen, dass zwei Drittel der Bewegungen durch globale Ereignisse und ein Drittel durch lokale und/oder regionale Ereignisse erklärt werden. Beide Analysen benötigen wir, um ein Portfolio zu konstruieren. Globales Makro bedeutet typischerweise globales Wachstum, globale Inflation, Zentralbankaktivitäten in der entwickelten Welt, Aktien, Rohstoffe, Währungen. Lokale Ereignisse wären politische, Zentralbank-, Schuldenemissions- und alle relevanten Länder-Makrodaten.

Den Schuldenstand eines Landes im Verhältnis zum BIP zu betrachten, ist zwar interessant, zeigt aber nicht immer die ganze Geschichte. Die Zusammensetzung der Schulden in lokaler und harter Währung, die Quellen – extern, lokal oder multilateral, zum Beispiel Weltbank, IWF und China –, wie hoch die Zinsbelastung im Haushalt ist, wie der Refinanzierungskalender aussieht, ob die Schulden durch Reserven bei der Zentralbank gedeckt sind, all diese Dinge sind ebenso wichtig.

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