IW-Expertin Sarah Fluchs
Deshalb lohnt sich Batterie-Recycling
Sarah Fluchs ist Expertin für Umwelt, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit beim IW Köln. Foto: IW
Der Bedarf an Lithium, Kobalt und Nickel steigt, weil immer mehr Menschen Elektrofahrzeuge kaufen wollen und immer mehr Batterien dafür hergestellt werden müssen. Grundsätzlich ist das Angebot an den internationalen Märkten groß genug, jedoch stammen die Rohstoffe häufig aus riskanten Ländern. Wie effizientes Batterie-Recycling wirtschaftlich unabhängig machen kann, erklärt IW-Expertin Sarah Fluchs.
Um dieser Rohstoffabhängigkeit und den möglichen temporären Engpässen entgegenzuwirken und den hohen Ressourceneinsatz in der Produktion durch Substitution von Primärrohstoffen durch Sekundärrohstoffe zu reduzieren, braucht es ein effizientes Recycling für die wichtigen Rohstoffe einer Batterie, zu denen neben Lithium, Kobalt und Nickel ebenso Mangan, Kupfer und Grafit zählen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen erfordert sowohl ein ressourceneffizientes und recyclingorientiertes Produktdesign als auch Wiederverwendungs-, Wiederverwertungs- und Recyclingstrategien.
Sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene gibt es für Fahrzeuge und Batterien gesonderte Regulierungen....
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Um dieser Rohstoffabhängigkeit und den möglichen temporären Engpässen entgegenzuwirken und den hohen Ressourceneinsatz in der Produktion durch Substitution von Primärrohstoffen durch Sekundärrohstoffe zu reduzieren, braucht es ein effizientes Recycling für die wichtigen Rohstoffe einer Batterie, zu denen neben Lithium, Kobalt und Nickel ebenso Mangan, Kupfer und Grafit zählen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen erfordert sowohl ein ressourceneffizientes und recyclingorientiertes Produktdesign als auch Wiederverwendungs-, Wiederverwertungs- und Recyclingstrategien.
Sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene gibt es für Fahrzeuge und Batterien gesonderte Regulierungen. Die Verwertung von Lithium-Ionen-Batterien aus Altfahrzeugen wird in der EU durch die Altfahrzeug- und die Batterierichtlinie geregelt. Auf nationaler Ebene sind sie in die Altfahrzeugverordnung und das Batteriegesetz überführt. Die Altfahrzeugrichtlinie regelt die Verwertung von Fahrzeugen, die das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben und schreibt beispielsweise den Ausbau und eine separate Handhabung der Batterie vor. Die Batterierichtlinie inkludiert eine Herstellerhaftung sowie Mindestsammel- und Recyclingquoten für Batterien.
Die Frage, wie hoch der Effekt eines etablierten Recyclings von Lithium-Ionen-Batterien auf die Ressourceneinsparung und die Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit sein kann, lässt sich anhand von Lithium, Nickel und Kobalt demonstrieren. Bei Sammelquoten zwischen 65 und 90 Prozent und einer Rückgewinnung von 70 Prozent (Europäische Kommission, 2020) des Lithiums aus Altbatterien könnte Lithium aus dem Batterierecycling bereits den europäischen Bedarf im Jahr 2040 zu 10 bis 18 Prozent decken (siehe Abbildung).
Analog können Nickel und Kobalt mit einer Rückgewinnung von 95 Prozent aus dem Batterierecycling den Bedarf im Jahr 2040 zu jeweils 13 bis 24 Prozent decken. Den Beispielen liegt eine durchschnittliche Fahrzeug- und Batterielebensdauer von 15 Jahren zugrunde, sodass 2040 die Batterien recycelt werden, die bereits 2025 auf den Markt kommen. Durch den prognostizierten starken Hochlauf der Elektromobilität in den nächsten Jahren ist demnach mit steigenden Anteilen zur Deckung des Bedarfs in den darauffolgenden Jahren zu rechnen.
Hinsichtlich des Produktdesigns steht im Beispiel der Batterie eine recyclinggerechte Konstruktion, die eine Trennung der Materialien am Ende des Lebenszyklus ermöglicht, sowie die Optimierung der eingesetzten Materialien im Vordergrund. So wurde der Kobaltanteil in einer Batterie deutlich reduziert. Während vor einigen Jahren Batterien vom Typ NMC-111 üblich waren, in denen das Mischverhältnis von Nickel, Mangan und Kobalt jeweils ein Drittel ist, sind inzwischen NMC-811-Batterien gängig, deren Gemisch 80 Prozent Nickel und jeweils zehn Prozent Mangan und Kobalt enthält.
In einem durchschnittlichen aktuell am Markt verfügbaren Batteriesystem stecken allein für die drei Rohstoffe Lithium, Kobalt und Nickel über 410 Euro Materialkosten (Deutsche Rohstoffagentur, 2020). So verdeutlicht der eingesetzte Wert der Materialien neben der Rohstoffabhängigkeit und der notwendigen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung die Kritizität eines effizienten Recyclings.
Recyclingverfahren müssen optimiert werden, um einerseits in großem Maßstab wirtschaftlich zu sein und andererseits die Recyclingeffizienzen zu erhöhen und so mehr Rohstoffe in hohen Reinheiten zurückgewinnen zu können, sodass ein erneuter Einsatz als Sekundärmaterial realisiert werden kann. Die Rücknahme gebrauchter Batterien muss definiert werden. Ziel muss sein, die Sammelquoten für Fahrzeugbatterien auf nahezu 100 Prozent zu bringen und rohstoffspezifische minimale Recyclingquoten für alle wichtigen Rohstoffe einer Batterie zu spezifizieren. Zudem werden einheitliche Kriterien für ein langlebiges sowie recyclinggerechtes und perspektivisch für ein zirkuläres Batteriedesign benötigt. Die richtige Weichenstellung der Politik zur Rückführung wichtiger Rohstoffe ist ein Schritt in der Transformation der Wirtschaft zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft.
Die IW-Studie „Potenziale zur Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit“ finden Sie hier.
Literatur:
Agora Verkehrswende, 2017, Strategien für die nachhaltige Rohstoffversorgung der Elektromobilität
Deutsche Rohstoffagentur, 2020, Preismonitor
Europäische Kommission, 2020, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the council concerning batteries and waste batteries, repealing Directive 2006/66/EC and amending Regulation (EU) No 2019/1020
Fraunhofer ISI, 2020, Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf
US Geological Survey, 2020, Mineral Commodity Summaries
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