Natixis-Strategin Esty Dwek
Detox für die Märkte
Esty Dwek ist bei Natixis für globale Marktstrategien zuständig. Foto: Natixis Investment Managers
Tatsächlich haben sich Staaten und Unternehmen bereits an eine Politik des billigen Geldes gewöhnt, befürchtet Natixis-Strategin Esty Dwek. Fast habe es den Anschein, als würden diese ohne immer neue Liquidität auf den Märkten nicht mehr auskommen können.
Obwohl damit das Risiko einer Überhitzung einhergeht, ist nicht zu erwarten, dass die Inflation außer Kontrolle gerät. Denn noch ist die Flaute auf dem Arbeitsmarkt zu stark, als dass die Preise für Dienstleistungen nachhaltig ansteigen könnten. Zudem ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes derzeit extrem niedrig. Europa ist von solchen Überlegungen ohnehin noch weit entfernt.
Im Gegenteil: Wollen die europäischen Staaten ihre Schuldenlast nachhaltig wieder drücken, geht dies nur über eine prosperierende Wirtschaft im Euroraum. Dort war das Wachstumspotential im Vergleich mit anderen Regionen der Welt allerdings schon vor der Pandemie geringer. Die europäische Wirtschaft...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Obwohl damit das Risiko einer Überhitzung einhergeht, ist nicht zu erwarten, dass die Inflation außer Kontrolle gerät. Denn noch ist die Flaute auf dem Arbeitsmarkt zu stark, als dass die Preise für Dienstleistungen nachhaltig ansteigen könnten. Zudem ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes derzeit extrem niedrig. Europa ist von solchen Überlegungen ohnehin noch weit entfernt.
Im Gegenteil: Wollen die europäischen Staaten ihre Schuldenlast nachhaltig wieder drücken, geht dies nur über eine prosperierende Wirtschaft im Euroraum. Dort war das Wachstumspotential im Vergleich mit anderen Regionen der Welt allerdings schon vor der Pandemie geringer. Die europäische Wirtschaft ist also wohl über einen längeren Zeitraum hinweg auf zusätzliche Stimuli angewiesen.
Für die Märkte bedeutet das weiterhin reichlich Liquidität. Die gute Nachricht ist aber, dass diese in der jüngsten Vergangenheit erkennbar nicht über Liquidität allein angetrieben wurden. In der Tat wurde die Rallye auch durch den Impfprozess und die Aussichten auf eine Wiedereröffnung der Wirtschaft unterstützt, was sich positiv auf das Gewinnwachstum der Unternehmen auswirkte.
Natürlich waren die laufenden fiskalischen Anreize ein wichtiger Faktor, ebenso wie die ultra-lockere Geldpolitik der Zentralbanken. Aber, und dies gilt es zu beachten, die zugrunde liegenden Fundamentaldaten sind im Wesentlichen gesund. Es ist daher davon auszugehen, dass die Märkte die Entwöhnung von der Droge Geld gut verkraften können, solange sich die Gewinne erholen und solange das Gewinnwachstum als nachhaltig wahrgenommen wird.
Selbstverständlich sollten in einem Ausstiegsszenario die Zentralbanken den Fuß nicht allzu ruckartig vom Gaspedal nehmen, um einen kalten Entzug zu vermeiden. Wichtig ist auch eine weitere Bedingung: das Wachstum der Wirtschaft darf kein Strohfeuer sein. Vielmehr bedarf sie vor allem in Europa einer gewissen und anhaltenden Fluchtgeschwindigkeit, um dem Konjunkturtief zu entkommen.
Unterstützung dürfte sie in dieser Hinsicht vom EU-Konjunkturfonds erhalten, dessen Hilfsleistungen nicht temporär ausgestaltet sind und auch dann für Impulse sorgen können, wenn einzelne Staaten ihre individuellen Programme herunterfahren sollten. Sollten sich die Verhältnisse nicht allzu stark ändern, spricht einiges dafür, dass die Märkte mit einem weichen Entzug von ihrer Sucht nach immer neuem Geld entwöhnt werden könnten.
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