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Deutscher Leistungsbilanzüberschuss „Die Probleme können jederzeit wieder auftreten“

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Der Welthandel leidet unter der schwächeren Weltkonjunktur. Wegen des bevorstehenden Brexits sind die deutschen Ausfuhren nach Großbritannien absolut zurückgegangen. Der Iran, auf den die Deutschen nach dem Atomabkommen große Hoffnungen setzten, ist nicht der große Absatzmarkt geworden, auf den viele gehofft hatten.

Eine Rolle spielt ferner, dass die Überschüsse im deutschen Staatshaushalt zwar hoch blieben, aber nicht mehr so stark anstiegen. Dadurch hat die gesamtwirtschaftliche Ersparnis nicht mehr so stark zugenommen. Konsum und Investitionen im Inland bekamen mehr Raum und konnten den Export zurückdrängen.

Alles gut? – Leider nein

Zuletzt spielten auch die veränderten handelspolitischen Gegebenheiten auf den Weltmärkten eine Rolle. Der Protektionismus führt dazu, dass sich die Unternehmen aus dem schwierigeren Exportgeschäft zurückziehen. Sie schichten prophylaktisch Lieferketten aus dem Ausland ins Inland um, damit sie unabhängiger von Zöllen und anderen Beschränkungen werden.

Vielleicht hat sich auch – was man immer wieder hört, aber schwer beweisen kann – die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie auf den Weltmärkten verschlechtert. All das hat dazu geführt, dass sich die Leistungsbilanzüberschüsse in Deutschland zurückbilden.

Ist jetzt alles gut? Leider nein. Tröstlich ist zwar, dass Präsident Trump jetzt einen Vorwand weniger hat, Zölle gegen deutsche Produkte zu erheben. Das kann bei den anstehenden Verhandlungen über Zölle auf Autos hilfreich sein. Auch in der EU gibt es einen Streitpunkt weniger.

Ganz generell bieten die Deutschen ihren internationalen Kritikern weniger Angriffsflächen. Zudem gibt es weniger deutsche Kapitalexporte, die bei dem derzeit niedrigen Zinsniveau ohnehin nicht profitabel sind. Andererseits verringert sich das Wirtschaftswachstum. Wenn der Anteil des Leistungsbilanzüberschusses am BIP um einen Prozentpunkt zurückgeht, dann bedeutet dies, unter sonst gleichen Bedingungen, in etwa ein Prozent weniger Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes.

Im Übrigen sollte man sich nicht zu früh freuen. An den unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Philosophien, die zu den Leistungsbilanzungleichgewichten führen, hat sich nichts geändert. Die Probleme können daher jederzeit wieder auftreten.

Für den Anleger

Unmittelbare Auswirkungen für die Anleger hatte der deutsche Überschuss in der Leistungsbilanz bisher nicht. Für die Kapitalmärkte ist es egal, wo die Unternehmen ihr Geld verdienen, ob im Ausland oder im Inland. Trotzdem sollten in den Portfolien Exportwerte in Zukunft eher untergewichtet werden. Im Inland wird das Wachstum zumindest in Deutschland tendenziell höher sein.

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