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"Deutschland ist in der Lage, dem Rest der EU seine Richtung vorzugeben"

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Der Wohlstand in der Eurozone wird derzeit neu verteilt

Die deutsche Regierung wird den betroffenen Euroländern genau so viel Unterstützung zukommen lassen, dass der Euro nicht auseinander bricht. Eine grundsätzliche Trennung wäre nicht im deutschen Interesse, wichtige Teile der Industrie würden eine Wiedereinführung der D-Mark nicht überstehen. Aber französische Banken zu retten, bloß weil sich andernfalls die Franzosen über die Deutschen ärgern - so nett werden die Deutschen nicht sein. Der Wohlstand in der Eurozone wird derzeit neu verteilt und die Kanzlerin achtet darauf, dass Deutschland nur eben so viel von seinen Ersparnissen verliert, wie unvermeidlich ist, um die Union zusammen zu halten.

Eigentlich sollten es die Deutschen restlos genießen, am längeren Hebel zu sitzen. Normalerweise wollen die kleinen Länder immer etwas für ihre Zustimmung zu dem einen oder anderen europäischen Projekt. Damit erpressen sie ihre großen europäischen Bruderländer. Nun aber ist es umgekehrt. Deutschland ist in der Lage, dem Rest seine Richtung vorzugeben, da es als einziger Staat die Mittel hat, die Peripherie vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Das nutzen die Deutschen nun aus und verlangen von den Euro-Ländern Reformen, zu denen sie sie in normalen Zeiten nie hätten bewegen können. Heute aber haben sie die Möglichkeit, diskret darauf hinzuweisen, dass, wenn die Reformen nicht kommen, sie die betreffenden Länder den Märkten zum Fraß vorwerfen werden.

Und Angela Merkel muss möglichst Glaubhaft sein bei dieser Drohung. Sobald die Märkte glauben, dass Deutschland am Ende sowieso zahlen wird, ist die Realpolitik vorbei, dann sind wir wieder auf den guten Willen der Anderen angewiesen.

Märkte im August

Die Märkte waren im August ausgesprochen übellaunig und reizbar, nachdem ihnen von der Ratingagentur S&P mitgeteilt worden ist, dass es so etwas wie „sichere“ Wertpapiere nicht gibt. Es setzte sich zudem die Überzeugung fest, dass die politische Führung Europas, die Ende Juli in der Hoffnung auf einen ruhigen August zum sechsten Mal innerhalb von zwei Jahren die endgültige Rettung des Euro verkündet hatte, tatsächlich unfähig dazu ist. Die Sichtweise des Marktes lautet, dass die Schuldenlast der Europäer den Schuldnern zwischen Irland und Griechenland das Kreuz brechen und ihre Wirtschaft in eine alleszermalmende mehrjährige Rezession stürzen wird. Dass diese Drohung genau im deutschen Interesse ist, sieht der Markt nicht, denn der Dax ist im August sogar noch stärker gefallen als die Indices der europäischen Bruderländer. Entsprechend waren, ohne Rücksicht auf deren extrem hohe Bewertung, nur deutsche und amerikanische Staatsanleihen gefragt, und Gold. Sonst nichts. Wer Angst vor Deflation hatte, kaufte Anleihen, wer Angst vor Inflation hatte, kaufte Gold. Die meisten kauften beides, man kann ja nie wissen.