Volkswirt Ulrich Kater
Volkswirt Ulrich Kater
Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist ein Sanierungsfall. Das zeigt sich an der mangelnden Fähigkeit zum Wachstum nun schon im zweiten Jahr hintereinander, in international immer größeren Rückständen bei Infrastruktur und Technologie, einer schwachen Entwicklung von innovativen Unternehmen und an geringen Investitionen aus dem In- und Ausland. Neuerdings mehren sich insbesondere in der Industrie Meldungen von sinkenden Marktanteilen, sinkender Produktion, Kurzarbeit und Aufgabe von Produktion oder ganzen Standorten.
Die Ursachen für die deutsche Wirtschaftsmisere liegen wesentlich im beschleunigten Strukturwandel der Weltwirtschaft in den vergangenen beiden Jahrzehnten: Der Welthandelsanteil am Welt-BIP stagniert bereits seit der globalen Finanzkrise. China, früher Nachfrager deutscher Investitionsgüter, wird vom reinen Absatzmarkt zum Hauptkonkurrenten für die deutsche Exportindustrie auf den Weltmärkten. Energie ist in Deutschland teurer als an den meisten anderen Standorten, und mit der künstlichen Intelligenz erklimmt die Digitalisierung eine weitere Stufe, auf der deutsche Unternehmen unzureichend vertreten sind.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist ein Sanierungsfall. Das zeigt sich an der mangelnden Fähigkeit zum Wachstum nun schon im zweiten Jahr hintereinander, in international immer größeren Rückständen bei Infrastruktur und Technologie, einer schwachen Entwicklung von innovativen Unternehmen und an geringen Investitionen aus dem In- und Ausland. Neuerdings mehren sich insbesondere in der Industrie Meldungen von sinkenden Marktanteilen, sinkender Produktion, Kurzarbeit und Aufgabe von Produktion oder ganzen Standorten.
Die Ursachen für die deutsche Wirtschaftsmisere liegen wesentlich im beschleunigten Strukturwandel der Weltwirtschaft in den vergangenen beiden Jahrzehnten: Der Welthandelsanteil am Welt-BIP stagniert bereits seit der globalen Finanzkrise. China, früher Nachfrager deutscher Investitionsgüter, wird vom reinen Absatzmarkt zum Hauptkonkurrenten für die deutsche Exportindustrie auf den Weltmärkten. Energie ist in Deutschland teurer als an den meisten anderen Standorten, und mit der künstlichen Intelligenz erklimmt die Digitalisierung eine weitere Stufe, auf der deutsche Unternehmen unzureichend vertreten sind.
Viele von diesen Faktoren sind exogen, also nicht hausgemacht. Und die Anpassungsleistungen müssen durch die Unternehmen und die Menschen in ihnen geleistet werden. Die Wirtschaftspolitik ist jedoch dafür zuständig, die Rahmenbedingungen möglichst günstig zu setzen für den schnellen Wandel und die Flexibilität der Unternehmen.
Das geschieht bislang nicht in Deutschland. Dabei ist es mittlerweile kein Diagnoseproblem mehr, sondern ein Therapieproblem. Die Diagnose über die Hemmfaktoren am Standort Deutschland lauten: Zu hohe Kosten für Arbeit, Energie und Bürokratie, eine zu hohe Steuer- und Abgabenbelastung, eine verfallende analoge und eine unzureichende digitale Infrastruktur sowie der demographische Wandel, der Arbeitskräfte knapp werden lässt.
Gegen diese vielfältigen Schwachstellen in der deutschen Volkswirtschaft hilft wirtschaftspolitisch nur ein breites, kohärentes Gesamtpaket, das die Angebotsbedingungen in Deutschland systematisch und durchgreifend verbessert. Eine glaubwürdige Angebotspolitik kann durchaus mit einer moderaten Inanspruchnahme von zusätzlichen Verschuldungsspielräumen einhergehen. Glaubwürdigkeit von Angebotsbedingungen erzeugt man durch die Verwendung von marktwirtschaftlichen Mechanismen in möglichst vielen Teilbereichen, wie etwa der Umweltpolitik, nicht jedoch durch dirigistische und subventionistische Ansätze.
Insofern bietet die nun eingetretene Zäsur in der Regierungsaufstellung eine große Chance auf einen dringend notwendigen Neuanfang in der Wirtschaftspolitik, um in Deutschland wieder Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum herzustellen. Dazu muss man sich diesen unbequemen Themen aber stellen.
Mit Zumutungen von Wirtschaftsreformen sind keine Wahlkämpfe zu gewinnen. Daher ist die Gefahr groß, dass allein die Aufweichung der Schuldenbremse als wirtschaftlicher Königsweg zu mehr Wachstum in die Wahlprogramme aufgenommen wird. Das würde aber den wirtschaftlichen Problemen am Standort Deutschland nicht gerecht.
Die Finanzmarktteilnehmer werden sich jedoch zunächst allein für den fiskalischen Impuls interessieren, der sich aus einem neuen Regierungsprogramm mit laxeren Schuldenregeln ergibt. Bei deutschen Aktien positionieren sich die ersten strategischen Käufer in einem unterbewerteten Markt. Ob hieraus auch eine Langfriststrategie werden kann, wird von der Arbeit einer neuen Regierung abhängen.
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