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„Deutschland profitiert von der Eurokrise weniger als vermutet“

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Den Kapitalabfluss umkehren

Mein Argument geht in eine andere Richtung. Es basiert auf den Kapitalabflüssen aus den südeuropäischen Ländern seit Beginn der Krise (nicht zuletzt aus Griechenland). Das müssen nicht nur Gelder von Steuerflüchtlingen sein. Es kann sich auch um ganz legale Anlagen von Investoren handeln, die Angst haben vor einem Austritt ihres Landes aus dem Euro und einer dann anschließenden Abwertung ihrer Währung.

Niemand weiß, um wie viel Geld es sich handelt und wo es überall hingeht. Glaubt man den Schätzungen, so sind es aber erhebliche Beträge. In die Schweiz sollen mehr als 200 Milliarden Euro gegangen sein. In Großbritannien wurden Immobilienkäufer aus Südeuropa beobachtet. Auch Deutschland ist so ein sicherer Hafen. Hier dürften die Gelder unter anderem in Bundesanleihen geflossen sein (vielleicht auch in Immobilien).

Es ist verständlich, dass diese Gelder in einer Union zumindest den betroffenen Ländern wieder zukommen sollten. Angeblich verhandelt die EU derzeit mit der Schweiz, dass auch sie etwas von dem zurückgibt, was ihrem Finanzplatz zugeflossen ist.

Folgen der Kapitalwanderung

Es gibt hier aber noch einen anderen Aspekt. Die Kapitalflucht hatte erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Erstens erhöhten sich die Zinsen in den Schuldnerländern (unabhängig von der risikobedingten Spread-Ausweitung), in den Gläubigerländern gingen sie zurück.

In Deutschland ermäßigten sich die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen von 3,4 auf 2,0 Prozent. Das verbilligt die Kreditaufnahme. Anleger, in festverzinslichen Wertpapieren, erzielten deutliche Kursgewinne. Der Staat profitiert davon sogar in zweifacher Weise. Er spart Zinskosten und er erhält mehr Steuern.

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Zweitens ist die Geldpolitik zum Ausgleich der fehlenden Liquidität in den südeuropäischen Peripherieländern lockerer als dies für die Gläubigerländer an sich gerechtfertigt ist. Das ist ein schönes Zubrot für die Gläubigerstaaten.

Die Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) Ende vergangenen Jahres und die massive Ausweitung der Liquidität wären aus deutscher Sicht nicht erforderlich gewesen. Die Konjunktur würde keine solche Stütze brauchen.

Drittens wirken sich die Spannungen in den Schuldnerländern auf den Euro aus. Sein Wechselkurs ist schwächer als er es sonst wäre. Anfang 2010 lag sein Kurs noch bei etwa 1,45 US-Dollar. Seitdem ist er um 10 Prozent gefallen. Rein aus deutscher Sicht wäre eine solche Abwertung nicht gerechtfertigt. Sie hilft aber natürlich dem deutschen Export.

Viertens haben sich als Folge dieser Verwerfungen die Aktienmärkte der Schuldnerländer drastisch verschlechtert, die der Gläubigerstaaten haben dagegen profitiert.

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