Merger-Experte Kai Lucks
Deutschland schlittert ins Energie-Dilemma
Aktualisiert am 14.01.2022 - 09:57 Uhr
Kai Lucks ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions. Foto: Bundesverband Mergers & Acquisitions
Raus aus der Atomenergie, rein in den Ökostrom: Deutschland steht am Energiemarkt vor gewaltigen Herausforderungen. Kai Lucks vom Bundesverband Mergers & Acquisitions erklärt, welche Probleme zu bewältigen sind.
Um die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris zu erreichen und den Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 auf maximal zwei Grad zu begrenzen, reicht es nicht aus, Emissionen zu reduzieren. Vielmehr besteht die Notwendigkeit, der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Berechnungen zeigen nämlich, dass selbst für den Fall, dass die angekündigten Emissionsreduktionen realisiert würden, der mittlere Temperaturanstieg mit etwa 3 bis 3,5 Grad deutlich über den in Paris beschlossenen Zielen liegen würde. Die Treibhausgasemissionen müssen also deutlich stärker und schneller sinken als derzeit vorgesehen, und sie müssen sogar negativ werden.
Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu den Emissionsreduktionen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Um die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris zu erreichen und den Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 auf maximal zwei Grad zu begrenzen, reicht es nicht aus, Emissionen zu reduzieren. Vielmehr besteht die Notwendigkeit, der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Berechnungen zeigen nämlich, dass selbst für den Fall, dass die angekündigten Emissionsreduktionen realisiert würden, der mittlere Temperaturanstieg mit etwa 3 bis 3,5 Grad deutlich über den in Paris beschlossenen Zielen liegen würde. Die Treibhausgasemissionen müssen also deutlich stärker und schneller sinken als derzeit vorgesehen, und sie müssen sogar negativ werden.
Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu den Emissionsreduktionen Methoden und Technologien benötigen, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen, so etwa Verfahren zu Carbon Capture and Storage sowie „Bioenergy with Carbon Capture and Storage“. Chemisch kann man CO2 aus der Atmosphäre entfernen, indem man natürliche Verwitterungsprozesse beschleunigt.
Alternativ könnte man beim sogenannten Air Capture große Mengen Luft durch Filteranlagen leiten und ähnlich wie bei Luftaufbereitungsanlagen in U-Booten oder Raumfähren einen Teil des enthaltenen CO2 an Sorptionsmittel binden. Deutschland schließt derartige Verfahren derzeit aus, weil Zweifel an ihrer Nachhaltigkeit bestehen. Ohne diese wird es aber nicht gehen. Die Fachdiskussion darüber hält jedoch an.
Wiederaufleben der Kernkraft?
Manche Experten sind überzeugt, dass die Reaktortechnik einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Sogar der Weltklimarat IPCC sieht in der Atomenergie eine Möglichkeit zur Reduzierung von klimaschädlichem Kohlendioxid, nennt aber auch die damit verbundenen Risiken. Deutliche Kritik am deutschen Weg kommt von unserem westlichen Nachbarn Frankreich, der explizit weiterhin auf die Kernkraft setzt – als ein zentrales Vehikel zu einer CO2-neutralen Wirtschaft, ohne die eine führende Nation nicht auskomme. Ein Exponent der französischen Kritik am deutschen Weg ist der Energie-Experte Professor Thierry Bros von der Universität Institut d’études politiques de Parisciences (Sciences Po).
Im Wall Street Journal äußerte er sich kürzlich so: „Deutschland ist abhängig vom Kreml, denn die jeweils stärksten Energieversorger, die Staatskonzerne Gazprom und Rosneft, werden zumindest indirekt von Russlands Staatschef kontrolliert.“ Und weiter: „Putin ist der Einzige, der Stromausfälle in Europa verhindern könnte. Das ist eine Machtposition“, (denn) „Deutschland ist bei seiner Gasversorgung (gemeint sind fast 100 Gaskraftwerke) zu 49 Prozent von Gazprom abhängig.
„Deutschland (setzt) auf einen gefährlichen Freifahrtschein zum EU-Solidaritätsmechanismus …und (wird) im Falle eines großflächigen Stromausfalls seine Nachbarn auffordern…, ihre Industrien abzuschalten, um Notstrom für deutsche Haushalte bereitzustellen.“
Über den Autor