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„Deutschland sollte die D-Mark wieder einführen“

Holger Schmitz
Holger Schmitz
DAS INVESTMENT.com: Beginnen wir doch mal drastisch. Sollte Deutschland nicht einfach aus der Eurozone austreten?

Holger Schmitz: Das wäre eine Möglichkeit. Ich würde aber zuerst die anderen bitten auszusteigen. Deutschland ist ja nicht der Knackpunkt, sondern Griechenland und die anderen. Wir haben eine relativ stabile Nord-Eurozone und die angezählte Süd-Eurozone.

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Zu der auch Frankreich bald gehört.

Schmitz:
Sicherlich richtig. Denken wir auf die nächsten 20 bis 30 Jahre, sollte Deutschland tatsächlich lieber die D-Mark wieder einführen und die anderen sich selbst überlassen. Auf zehn Jahre gesehen, sollte Griechenland besser freiwillig aussteigen, zugeben, dass es geschummelt hat, sich sanieren und dann später wieder zu normalen und fairen Bedingungen einen Neuantrag stellen.

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Aber trotzdem mal ganz einfach gesprochen. Wenn meine Tochter in eine Schulklasse geht, in der die Mitschüler dauernd zu spät kommen, faul sind, schummeln und nichts lernen, nehme ich dann meine Tochter nicht besser aus der Klasse raus?

Schmitz: Das wäre die letzte Maßnahme. Schöner wäre es, Anreizsysteme zu schaffen, dass die Mitschüler sich bessern. Das zeugt in gewisser Weise auch von Verantwortungsbewusstsein. Eine andere Frage ist aber, ob das überhaupt angesichts verschiedener Mentalitäten funktionieren kann.

DAS INVESTMENT.com:
Wie sollten diese Anreizsysteme aussehen?

Schmitz: Da müssen wir uns mal eine Ebene höher begeben. Unser größtes Problem ist der Politiker. Wenn Sie ihn bitten, mit fremdem Geld sorgsam umzugehen, können Sie genauso gut einem hungrigen Hund befehlen, einen Knochen zu hüten. Und solange Sie dieses Grundübel nicht verändert haben, können Sie Anreizsysteme schaffen, wie Sie wollen. Sie werden immer am Politiker scheitern.

DAS INVESTMENT.com:
Schöne Aussichten.

Schmitz: Wohl wahr. Es gibt ja diesen Spruch von Winston Churchill: Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, aber es gibt keine bessere.

DAS INVESTMENT.com:
Da ist was dran.

Schmitz:
Aber eine Diktatur wollen wir ja auch nicht. Also finden wir uns damit ab, dass Politiker in regelmäßigen Zyklen unsere Wirtschaft und Währung ruinieren. Dann drückt jemand den Reset-Knopf, und alles geht neu los. Komisch, dass sich die Deutschen über Dinge wie Stuttgart 21 aufregen. Ich erwarte mal den Wutbürger für die Lasten, die die Politiker uns und unseren Kindern für die Zukunft aufbürden.

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In Spanien und Griechenland ist der Wutbürger schon unterwegs.

Schmitz: Die Wut richtet sich aber nicht gegen die Verschuldungsorgie der griechischen Politiker. Sie richtet sich gegen die Deutschen, weil sie sich anmaßen, Griechenland zum Sparen aufzufordern. Die eigentlich sinnvolle Wut geht somit in eine völlig falsche Richtung. Das sind Scheinkämpfe an falschen Fronten.

DAS INVESTMENT.com: Schwer zu ändern, oder?

Schmitz: Ja, leider. Wir stecken in einem System, aus dem wir nicht so einfach rauskommen. Auch nicht die, die geschummelt haben.

DAS INVESTMENT.com: Es könnte passieren, dass Politiker von der rechten Eckfahne aufs Spielfeld rennen und das Blaue vom Himmel versprechen.

Schmitz:
Das wäre der schlimmste Fall. Dann hätten wir die Demokratie auf eine andere Weise abgeschafft. Ich hoffe aber, dass wir dazu gelernt haben und da nicht noch einmal so passiert wie vor 70 Jahren.

DAS INVESTMENT.com: Aber die Gefahr ist da.

Schmitz: Leider ja.

DAS INVESTMENT.com: Nun brummt die Wirtschaft in Deutschland. Wie bekommt man die heterogene Eurozone in Sachen Inflation und Geldpolitik in den Griff?

Schmitz: Gar nicht. Es ist das alte Problem. Wir haben einen Einheitszins aber keine einheitliche Entwicklung. Schwachländer brauchen tiefe Zinsen, Boom-Länder brauchen höhere. Das kriegen Sie nicht hin. Eine Lösung wären individuelle Maßnahmen, wie etwa die Anordnung, dass Griechenland seine Löhne um 30 Prozent kürzt. Aber dann hat Griechenland einen Bürgerkrieg. Solche marktwirtschaftlichen Mechanismen gibt es also. Aber auch die setzt die Politik wieder außer Kraft. Aber anstatt ihre Fehler auszubügeln, macht sie immer wieder weitere neue Fehler.

INFO: Die SCHMITZ & PARTNER AG mit Sitz in Brione s. Minusio / Tessin / Schweiz wurde im Jahre 1997 zur individuellen Betreuung von anspruchsvollen Kunden im Vermögensverwaltungsbereich gegründet.

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