Personalexpertin Karin Schambach
Deutschland sucht Super-Banker
Aktualisiert am 23.01.2023 - 11:15 Uhr
Karin Schambach ist Gründerin und Geschäftsführerin der Personalberatung Indigo Headhunters. Foto: Indigo Headhunters
Deutsche Finanzunternehmen stehen vor gewaltigen Herausforderungen und brauchen dringend charismatische Persönlichkeiten, die grundlegende Transformationen umsetzen können. Klassische Banker-Karrieren bereiten jedoch nicht darauf vor. Quereinsteiger können Hilfestellung geben, wenn sie die nötigen Freiheiten erhalten. Ein Gastbeitrag von Karin Schambach, Gründerin der Personalberatung Indigo Headhunters.
Die Situation hat sich verändert. In der Finanzwelt von heute, in der technologische Umbrüche und junge, agile Unternehmen die etablierten Anbieter vor sich hertreiben, sind Netzwerke zwar weiterhin wertvoll, doch sie müssen über die eigene Organisation hinausgehen und so das Entstehen neuer Ideen und Geschäftsmodelle erleichtern. Gefragt sind möglichst vielfältige Erfahrungen sowie Charisma:
Erfahrung in der Planung und Gestaltung von Umbrüchen – Wer hat schon mal ein Geschäftsmodell in Frage gestellt und eine Abteilung oder ein ganzes Unternehmen erfolgreich neu ausgerichtet? Wer hat Erfahrung in verschiedenen Unternehmen gesammelt und kann über den Tellerrand seines aktuellen Aufgabenbereichs...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Die Situation hat sich verändert. In der Finanzwelt von heute, in der technologische Umbrüche und junge, agile Unternehmen die etablierten Anbieter vor sich hertreiben, sind Netzwerke zwar weiterhin wertvoll, doch sie müssen über die eigene Organisation hinausgehen und so das Entstehen neuer Ideen und Geschäftsmodelle erleichtern. Gefragt sind möglichst vielfältige Erfahrungen sowie Charisma:
- Erfahrung in der Planung und Gestaltung von Umbrüchen – Wer hat schon mal ein Geschäftsmodell in Frage gestellt und eine Abteilung oder ein ganzes Unternehmen erfolgreich neu ausgerichtet? Wer hat Erfahrung in verschiedenen Unternehmen gesammelt und kann über den Tellerrand seines aktuellen Aufgabenbereichs hinaussehen? Wer hat eventuell schon die Arbeits- und Denkweise in einem Fintech-Unternehmen erlebt und kann den Unterschied zu einer Geschäftsbank abschätzen? Wer ist mit einem Business schon mal gescheitert und hat daraus gelernt?
- Charisma in der Führung und Motivation von Mitarbeitern – Wer kann die Unsicherheit, Ängste und die Beharrungskräfte, die jede Veränderung behindern, auffangen? Wer kann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Handlungsdruck vermitteln und sie auf einem Weg mitnehmen, der vom Gewohnten abweicht? Wer vertraut seinem oder ihrem Team und sieht sich mehr als Koordinator und lässt weniger hierarchische Strukturen zu? Wer ist selbstsicher genug, um Mitarbeiter mit Kompetenzen und Erfahrungen zu fördern, über die er oder sie selbst nicht verfügt, und dabei das Beste für die Bank herauszuholen? Und dabei noch das Betriebsklima und die Work-Life-Balance als etwas Wichtiges und Positives im Blick zu haben?
- Hier können Coachings und Management Audits unterstützen, etablierten Führungskräften neue Blickweisen zu eröffnen, ein Beispiel sind Diversity-Workshops mit der Zielgruppe ältere, erfahrene Männer und Empowerment-Workshops mit der Zielgruppe junge Frauen.
Die neuen „Customer Journeys“
Nicht jeder Sektor hat dasselbe Problembewusstsein. Banken sind bereits mit ihren Geschäftsmodellen in schwieriges Fahrwasser gekommen. Hier ist den handelnden Personen klar, dass an der Veränderung kein Weg vorbei führt. Sie haben die Transformation teils schon aktiv angestoßen und sind Kooperationen mit Fintechs eingegangen oder bauen eigene Think Tanks auf. Das Asset Management hingegen profitiert unter anderem von der Niedrigzinspolitik. Hier wird nach wie vor gutes Geld verdient, und der Veränderungsdruck ist weniger deutlich wahrnehmbar.
Aussitzen kann aber keine Strategie sein, denn in allen Sektoren der Finanzbranche werden der steigende Margendruck sowie der Zwang zu Effizienz-Gewinn und Digitalisierung früher oder später deutlich zu spüren sein. Das ist den handelnden Personen auch durchaus bewusst. Im Bereich der Master-KVGen lässt sich gut beobachten, wie schnell die Transformation vorangetrieben wird, wenn die Rentabilität des Geschäftsmodells unter Druck kommt. Nur mit massiven Investitionen in die IT und einer effizienten Prozessgestaltung war die Chance gegeben, die sinkenden Margen auszugleichen. Die Erkenntnis, dass es mit dem Wachstum der Assets allein nicht mehr getan war, brachte Bewegung in den Markt. Andere Sektoren werden nachziehen müssen.
Hinzu kommt die steigende Konkurrenz durch Fintechs. Sie sind aktuell die einzigen Anbieter in der Finanzbranche, die im Online-Bereich auf Plattformen überzeugende Kundenerlebnisse bieten. Besonders mit Privatkunden interagieren sie beinahe spielerisch und heben sich damit vom eher bürokratisch und formalistisch geprägten Verhalten der großen Anbieter ab. Die etablierten Player können gerne behaupten und wiederholen, dass der Kunde König sei – wenn sie ihren Kundinnen und Kunden im entscheidenden Moment ein anderes Bild vermitteln, dann wird sie oder er ohne Gewissensbisse zur frischeren und freundlicheren Fintech-Konkurrenz wechseln.
Zusätzlicher Druck dürften in Zukunft die noch jungen Robo-Advisors ausüben. Aktuell spielen sie noch eine kleine Nebenrolle, weil das Thema Geldanlage emotional besetzt ist und Vertrauen voraussetzt. Die Mehrheit der Menschen ist bei ihrer Geldanlage weniger schnell bereit, auf technologische Lösungen zu setzen, als etwa im Zahlungsverkehr. Asset Manager sollten das Thema aber nicht aus dem Blick verlieren, alleine schon, weil mit der „Erbengeneration“ nach und nach immer mehr Menschen zu Anlegern werden, die als Digital Natives aufgewachsen sind und Technologie in allen Lebensbereichen als selbstverständlich ansehen. Damit wird auch das Private Banking seine Dienstleistung neu aufstellen müssen.
Über die Autorin