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Deutschland: „Warten Sie nicht auf neue Konjunkturprogramme“

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Fehlender Investitionswille

Wo der Schwachpunkt der Konjunktur liegt, ist bei den Investitionen. Seit drei Quartalen gehen die Ausgaben für Maschinen und Ausrüstungen preisbereinigt absolut zurück.

Anders als beim Export sind die Umweltbedingungen hier aber außerordentlich gut. Die Kapazitäten sind nach Berechnungen der Bundesbank fast voll ausgelastet und müssten eigentlich aufgestockt werden. Es gibt keinen übermäßigen Kostendruck. Die Unternehmen haben ausreichend Liquidität. Im Zweifel können sie Kredit zu äußerst niedrigen Zinsen bekommen.

Mit der Energiewende und den neuen Technologien im Autosektor gibt es in der Gesamtwirtschaft riesige Investitionsprogramme. Trotzdem tut sich bei den privaten Investitionen nichts. Die Nettoinvestitionen, also die Gesamtausgaben abzüglich der Abschreibungen liegen nur bei knapp 4 Prozent (!) des Bruttoinlandsprodukts. Das ist auch im internationalen Vergleich lächerlich.

Hier zeigt sich: Die marktwirtschaftlichen Reflexe funktionieren nicht. Unternehmer sind keine Maschinen. Sie kaufen neue Maschinen und Ausrüstungen nicht dann, wenn es der Wirtschaftspolitik gefällt. Entscheidend sind vielmehr die Zukunftsaussichten, wenn die Politik hin und her laviert und die Unternehmen nicht wissen, ob es den Euro auch noch in drei  Jahren gibt, dann warten sie lieber ab.

Politische Rahmenbedingungen fehlen

Nach Walter Eucken, dem Vater der Theorie der Sozialen Marktwirtschaft, sind stabile Erwartungen und Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik entscheidende Kriterien für eine erfolgreiche Marktwirtschaft. Daran fehlt es derzeit. Deshalb ist hier nicht so schnell eine Besserung zu erwarten.  

Etwas anders ist es beim privaten Verbrauch. Auch er dümpelt dahin. Dabei müsste er eigentlich von der steigenden Beschäftigung und den höheren Löhnen profitieren. Die Bruttolöhne und -gehälter sind im ersten Halbjahr um 3,9 Prozent gestiegen. Die eine Hälfte dieses Zuwachses wird freilich durch die höheren Abgaben für den Fiskus aufgefressen. Die andere Hälfte geht durch die Inflation verloren. Da bleibt kaum mehr etwas für mehr Verbrauch übrig.

Wir sollten nicht lamentieren, dass der Konsument in Deutschland nicht ausgabefreudig ist. Bei einem Abgabesystem, bei dem so viel an den Staat abgeführt werden muss, können vom privaten Verbrauch auch bei höheren Löhnen keine zusätzlichen Impulse kommen.  

Insgesamt rechne ich in diesem Jahr mit einem Wachstum der deutschen Wirtschaft von knapp ein Prozent. 2013 wird es kaum mehr werden. Stärkere Auftriebskräfte kann es allenfalls geben, wenn es der Politik gelingen sollte, die europäische Währung auf eine dauerhaft stabilere Grundlage zu stellen. Dazu reichen die Interventionen der EZB nicht.  

Für den Anleger

Warten Sie nicht auf neue Konjunkturprogramme. Sie werden der gesamtwirtschaftlichen Aktivität auch nicht auf die Sprünge helfen.

Richten Sie sich vielmehr darauf ein, dass es von der Konjunktur auf absehbare Zeit keine guten Nachrichten gibt. Es wird noch länger dauern bis die gestiegenen Aktienkurse durch eine bessere Gewinnentwicklung der Unternehmen abgesichert werden können. Das wird die Finanzmärkte belasten. Es wird daher größere Schwankungen bei den Kursen geben.  

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