Ökonom Stefan Kooths
Scholz verspricht Wirtschaftswunder – und ignoriert Realität
Aktualisiert am 04.05.2023 - 08:59 Uhr

Stefan Kooths ist Vizepräsident und Direktor des Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum des IfW Kiel. Foto: IfW
Die Deutschen sollen ein zweites Wirtschaftswunder erleben – zumindest, wenn es nach Bundeskanzler Olaf Scholz geht. Aus ökonomischer Sicht spricht jedoch wenig für ein Aufblühen der Konjunktur.
Olaf Scholz blickt optimistisch auf die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Der Bundeskanzler erwartet hierzulande Wachstumsraten wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 1950er und 1960er Jahren. Motor der Konjunkturbelebung sollen die Investitionen in den Klimaschutz sein.
Aus ökonomischer Sicht spricht jedoch wenig für ein zweites Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik. Im Gegenteil, das Wachstumspotenzial droht in den nächsten Jahren einzubrechen, ist Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) überzeugt.
Geld für Energiewende fehlt an anderer Stelle
„In fünf Jahren liegt das Konjunkturplus vielleicht nur noch bei 0,5 Prozent – totz hoher Investitionen“,...
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Olaf Scholz blickt optimistisch auf die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Der Bundeskanzler erwartet hierzulande Wachstumsraten wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 1950er und 1960er Jahren. Motor der Konjunkturbelebung sollen die Investitionen in den Klimaschutz sein.
Aus ökonomischer Sicht spricht jedoch wenig für ein zweites Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik. Im Gegenteil, das Wachstumspotenzial droht in den nächsten Jahren einzubrechen, ist Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) überzeugt.
Geld für Energiewende fehlt an anderer Stelle
„In fünf Jahren liegt das Konjunkturplus vielleicht nur noch bei 0,5 Prozent – totz hoher Investitionen“, meint der Volkswirt. Grund sei die Art der Investitionen, die keine neuen Strukturen schaffen, sondern lediglich bestehende Pfeiler der Wirtschaft umbauen. „Mittels Dekarbonisierung sollen CO2-Emissionen vermieden werden, doch es gibt keine neue Produktion. Im Prinzip fließt einfach mehr Geld in die Dekarbonisierung, das an anderer Stelle fehlt“, erklärt Kooths. Dieser Mechanismus betreffe auch Konsumenten, die Geld in den Umbau ihrer Energieversorgung stecken, das nicht in andere Projekte fließen kann.
Fraglich sei auch, wie lange die Deutschen die Energiewende politisch tragen. „Die Investments sind hoch und es steht nicht unmittelbar eine Gegenleistung gegenüber. Bis sich Umbauten in Immobilien amortisieren, könnten Jahre vergehen“, sagt Kooths.
Umweltpolitik muss internationaler werden
Zudem fehle die globale Integration der Umweltpolitik. „Europa soll Mitte des Jahrhunderts emmissionsneutral sein, doch andere Länder sind weit von einem solchen Ziel entfernt“, sagt Kooths.
Hinzu komme der demografische Wandel, der die Wirtschaft hierzulande bremst. Es fehle in Deutschland an Fachkräften – obwohl der Standort angesichts der geplanten Energiewende dringend gestärkt werden muss. Aufgrund hoher Abzüge und dem Wunsch nach mehr Freizeit sei Erwerbstätigkeit jedoch für viele Menschen nicht attraktiv.
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