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Aktualisiert am 14.02.2020 - 17:33 UhrLesedauer: 10 Minuten

Diskussionsrunde „Zu einem echten Paradigmenwechsel fehlt noch einiges“

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Christoph Klein: Die Dringlichkeit ist da, die Klimaforscher sind sich einig über die Folgen des Klimawandels. Daher kann man nachvollziehen, warum die EU in der Taxonomie zum Beispiel die  Themen Umwelt und CO2-Bilanz vorgezogen hat. Ich unterstütze die Sustainable Development Goals sehr und richte meine Investments danach aus. Der Fokus sollte sein, dass man CO2 reduziert und die Unternehmen bei der Transition zur Nachhaltigkeit unterstützt. Wichtig ist eine dynamische Veränderung zum Positiven hin. Denn immer nur die aktuell nachhaltigsten Unternehmen zu kaufen ist möglicherweise zu teuer.

Die EU will einen ESG-Standard schaffen. Wie sehen Sie dieses Vorhaben?

Kotschwar: Ich begrüße diese Initiative. Die große Gefahr ist, dass wir uns auf einen einzigen Aspekt reduzieren und dass diese Maßnahmen missbraucht werden. Man darf nicht vergessen, dass es in der Ökonomie das Konzept des Gewinns gibt, das heißt, es werden weniger Ressourcen verbraucht als an neuen Werten geschaffen wird. Solange alle Kosten berücksichtigt sind, darf dieses Konzept nicht konterkariert werden durch andere Überlegungen.

Bernhard Matthes ist Bereichsleiter Portfoliomanagement von Bank für Kirche und Caritas, Paderborn
Foto: Piotr Banczerowski

Matthes: Es gibt keine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit, daher ist es legitim, wenn sich am Markt verschiedene Standards herausbilden. Aber vieles, was rund um die Taxonomie passiert, hat doch sehr starke planwirtschaftliche Züge. Da sehe ich auch ein Potenzial des Missbrauchs. Wir benötigen eher weniger als mehr Bürokratie und Regulierung. Ich habe Zweifel, ob das 600 Seiten starke EU-Regelwerk der geeignete Weg ist, Nachhaltigkeit in die Breite hineinzutragen. Die Frage ist, ob gerade kleine und mittlere Unternehmen überhaupt in der Lage sind, das alles leisten zu können.

Poser: Der EU-Plan wird zu sehr auf die Taxonomie reduziert. Viel wichtiger ist aber, dass die Regulierungen auch den institutionellen Investoren sagen, das ist ein Teil eurer treuhänderischen Pflicht. Und private Investoren müssen in Zukunft gefragt werden, wie sie zu nachhaltigen Investments stehen. Diese Aspekte werden gigantische Auswirkungen haben. Insofern sehen wir das Mainstreaming sehr positiv. Die Diskussion, ob Nachhaltigkeit der Performance schadet oder etwas bringt, ist zudem längst erledigt. Viele Studien haben bewiesen, dass es keine Problematik bezüglich der Rendite gibt.

Lesser: Ich finde Vereinheitlichung und Standards grundsätzlich gut, erhöhen sie doch Transparenz und Vergleichbarkeit. Wir selbst orientieren uns bei unserer nachhaltigen Strategie an den anerkannten Siegeln, um die Standards zu erfüllen, die für institutionelle Investoren wichtig sind. In unserer Nischen-Anlageklasse der Wandelanleihen gibt es erst wenige Anbieter, die nachhaltige Produkte anbieten, und dennoch finden sich oftmals sehr unterschiedliche Titel in den Portfolios. Da fragt man sich schon, warum jener Wert beim einen als nachhaltig klassifiziert ist und beim anderen nicht. 

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