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Professor für Entscheidungsfindung im Interview „Menschen überschätzen sich“

Der Behavioral-Finance-Experte ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTH). Dort leitet er das Lehr- und Forschungsgebiet Entscheidungsforschung und Finanzdienstleistungen.
Der Behavioral-Finance-Experte ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTH). Dort leitet er das Lehr- und Forschungsgebiet Entscheidungsforschung und Finanzdienstleistungen.

DAS INVESTMENT: Ob Dax-Prognose zum Jahresende oder andere Vorhersagen zum Kapitalmarkt – viele Anleger orientieren sich an solchen Aussagen. Warum hangeln sich viele Menschen an derartigen Prognosen entlang?

Rüdiger von Nitzsch: Je weniger Ahnung Anleger von den Geschehnissen an der Börse haben, desto eher glauben sie entsprechenden Prognosen. Sie wissen einfach nicht, dass solche Punktprognosen unseriös sind. Aber sie sind halt unmittelbar verständlich für jeden Laien.

Optimist oder Realist – was trifft eher auf den Durchschnittsanleger zu?

von Nitzsch: Das kann man so nicht sagen, es hängt vielmehr von den noch frischen persönlichen Erfahrungen ab. Auch spielt die Marktstimmung eine Rolle, die in vielen Aspekten auch durch die Medien beeinflusst wird. Unabhängig davon sind die Deutschen im Schnitt natürlich eher Angsthasen, wenn man auf die Aktienquoten im Depot schaut.

Werden gute Nachrichten von Anlegern überbewertet, oder trifft dies eher auf schlechte zu? Warum gehen viele Anleger überhaupt so mit Nachrichten um?

von Nitzsch: Alle aktuellen und sehr anschaulich präsentierten Nachrichten werden überbewertet. Menschen können nämlich aufgrund ihrer kognitiven Beschränkungen immer nur einen kleinen Bildausschnitt der Realität aufnehmen und vernachlässigen hierbei alles, was sich außerhalb des Bildrahmens befindet. Daniel Kahneman nennt diesen Effekt WYSIATI, das bedeutet: „What you see is all there is.“

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Diverse Experimente in den vergangenen Jahren haben ergeben, dass Affen bessere Anlageentscheidungen als Anlageprofis treffen. Inwiefern sind wir Menschen überhaupt als Anleger geeignet?

von Nitzsch: Die Ergebnisse dieser Experimente zeigen nicht, dass Affen gute Investoren sind. Sie zeigen nur, dass Menschen sich überschätzen beziehungsweise zu viel handeln. Natürlich sind Menschen als Anleger geeignet, auch wenn sie vielfach Hilfe benötigen, damit sie typische Anlegerfehler vermeiden. Sie sind aber gleichwohl nicht als perfekte Anleger geboren, das ist richtig.

Sollten wir die Investmententscheidungen vielleicht lieber Quant-Modellen überlassen?

von Nitzsch: Quant-Modelle haben einige Vorteile, weil sie eben die typisch menschlichen Anlegerfehler vermeiden. Allerdings bauen auch alle Quant-Modelle auf Prämissen, die nicht immer in allen Börsenphasen in dieser Form gerechtfertigt sind. Insofern ist man hier auch nicht vor Verlusten gefeit.

Sie haben anhand empirischer Studien nachgewiesen, dass Menschen zur Kontrollillusion neigen – und glauben, schlauer als der Markt zu sein. Wie können sich Anleger gegen dieses Phänomen wappnen, um Risiken nicht zu unterschätzen?

von Nitzsch: Entweder hilft einem die explizite Vorstellung eines Marktteilnehmers, von dem man die Aktie erwirbt, und man stellt sich die Frage, warum man mehr wissen sollte als er. Oder man macht sich viel Mühe und führt ein Transaktions tagebuch, in dem man für jede Transaktion seine Gründe und Prognosen notiert und sorgfältig über die Zeit auswertet, wie häufig man recht hatte.

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