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Diamond Lee: „Chinas Führung könnte vieles besser machen“

Chinas größtes Internet-Portal, Tencent (Foto: Screenshot)
Chinas größtes Internet-Portal, Tencent (Foto: Screenshot)
Chinas Wirtschaft hat deutlich an Fahrt verloren. Viele Beobachter stellen sich daher die Frage, ob das Land auf einen Abschwung zusteuert. Die Volksrepublik hat ein relativ ineffizientes System staatlicher Banken. Doch im Unterschied zu den westlichen Staaten stellt die Verschuldung privater Haushalte kein Problem für das Land dar. Stark verschuldet sind indessen die Kommunalverwaltungen, die sich mit Großprojekten zum Teil übernommen haben. Hiervon geht eine erhebliche Bremswirkung auf das Wachstum aus, sodass früher oder später Handlungsbedarf besteht.

Wachstum und die Einführung von Reformen vertragen sich nicht immer gut. Ein Reformprozess, der nicht zu Lasten des Wachstums gehen soll, erfordert einen schwierigen Balanceakt. So hohe Wachstumsraten wie in den vergangenen zehn Jahren sind vorerst nicht mehr zu erwarten. Chinas Führung könnte vieles besser machen – so könnte Peking zulassen, dass neue private Firmen in der Wirtschaft mehr Gewicht bekommen. In solch einer Übergangsphase, in der es zwangsläufig Verlierer und aufstrebende Gewinner gibt, bieten sich für Stockpicking‐Spezialisten hervorragende Möglichkeiten.

Während China den Weg der wirtschaftlichen Reformen fortsetzt und die marktwirtschaftlichen Elemente seiner Wirtschaftsordnung stärkt, bilden sich zugleich Unternehmen neuen Typs heraus.

Traditionell dominieren in China schwerfällige staatliche Großbetriebe, typischerweise im Agrarsektor und in der Industrie. Hier hat jedoch ein Wandel eingesetzt. Inzwischen findet man die interessantesten Firmen mit dem höchsten Wachstum in den bislang noch schwach entwickelten Dienstleistungsbranchen.

Anders als die in Staatsbesitz befindlichen oder staatlich geleiteten Großbetriebe befinden sich die neuen Unternehmen in privater Hand. Das Management dieser Unternehmen versteht es, Geschäftsprozesse umzusetzen und mit hohem Engagement die Entwicklung der eigenen Branche voranzutreiben.

Im Folgenden möchten wir Ihnen fünf Aktien des „neuen Typs“ vorstellen, die im Hinblick auf die kommende Wachstumsphase in China ein hohes Potenzial aufweisen:

Tencent

Größtes chinesisches Internet‐Portal mit den höchsten Nutzerzahlen. Tencent ist so etwas wie Chinas Pendant zu Facebook. Zum Angebot gehören auch Handy‐Spiele, Chats, kostenlose Sprachnachrichten, soziale Medien usw. Der Sektor wächst und verändert sich in rasantem Tempo. Chinas Bevölkerung ist groß genug, um die Entstehung eigener Internet‐Firmen zu ermöglichen. Überdies fördert Peking die Branche, um eine Abhängigkeit von den großen Anbietern aus den westlichen Staaten zu verhindern und nationale Sicherheitsinteressen zu wahren.

Größter Pluspunkt des Unternehmens ist, dass es die beträchtlichen finanziellen Mittel aufgebracht hat, die erst einmal in die Analyse von Nutzerprofilen investiert werden müssen. Nur so können den Werbekunden detaillierte Daten zur Verfügung gestellt und Werbemöglichkeiten wesentlich gezielter genutzt werden – beides sind Voraussetzungen, um mit Werbung Geld zu verdienen. Tencent ist gegenwärtig die größte Position des Ignis International China Fund.

51job

Ein anderes Beispiel für das Thema neue Technologien in China ist 51job. Zielgruppe des Online‐Personalvermittlers ist die wachsende Zahl von Angestellten in Büroberufen. Nach einer Konsolidierung in der Branche ist 51job einer von nur noch zwei großen Anbietern.

Great Wall Motor

Great Wall Motor ist ein chinesischer Autobauer, der Pkw und Kleinlaster produziert. Das Unternehmen ist zudem der größte Geländewagenhersteller des Landes. Viele Chinesen haben vor drei bis vier Jahren zum ersten Mal ein eigenes Auto gekauft. Meist waren das sehr kleine Fahrzeuge von minderer Qualität. Ein großer Teil dieser Käufer möchte nun zum ersten Mal das bisherige gegen ein neues Fahrzeug eintauschen – in der Regel soll es erschwinglich, aber größer und qualitativ besser sein.

AIA

AIA hat von allen Lebensversicherern im asiatisch‐pazifischen Raum eines der dichtesten Vertriebsnetze. Durch die breite geografische Präsenz in Asien sinkt das Länder‐ und Marktrisiko. Das stärkt die finanzielle Stabilität von AIA in den Industrieländern und das Wachstumspotenzial in den Schwellenmärkten. AIA war das erste ausländische Unternehmen, dem in China eine Versicherungszulassung erteilt wurde. In der Branche sind die Wachstumsraten hoch, da ein Großteil der Bevölkerung noch keine Lebensversicherung besitzt.

Brilliance China

Der Autobauer, ein Jointventure mit BMW, profitiert von der wachsenden Mittelschicht und dem zunehmenden Wohlstand in China. Ähnlich wie Great Wall erhöht Brilliance seine Margen durch die Fertigung ehemals importierter Komponenten im Inland. Technische Fortschritte und Qualitätsverbesserungen bei den in China gebauten Fahrzeugen tragen dazu bei, dass Brilliance‐Modelle der Marke BMW würdig sind.

Die größten Risiken

Trotz der günstigen Entwicklung des Konsums gibt es nach wie vor Risiken für die chinesische Wachstumsstory. Dies betrifft insbesondere die gesamtwirtschaftliche Ebene:

  • China ist eine typische Kommandowirtschaft, in der staatliche Investitionen eine vorherrschende Rolle spielen. Der Nachteil ist dabei, dass Geld nicht immer dorthin fließt, wo es am produktivsten eingesetzt werden kann. Die Folge jahrelanger Überinvestitionen in einigen Bereichen sind Überkapazitäten und sinkende Preise – finanziert von den Staatsbanken. Viele Projekte sind nicht rentabel, was die Banken unter Druck setzt.
  • Die Kommandowirtschaft ist nicht mehr zeitgemäß. China braucht eine Investitionsstrategie, die verstärkt auf marktwirtschaftliche Elemente setzt. Bei der Einführung von Reformen darf das Tempo nicht zu hoch sein, denn eine übermäßige Belastung des Bankensystems muss vermieden werden.
  • Da China ein Einparteienstaat ist, gehen die Meinungen auseinander, ob ein solches System überhaupt einen innovationsfreudigen Staat hervorbringen kann. Eine weitere Quelle möglicher Konflikte ist auch, dass Angehörige der wachsenden Mittelschicht bei Reisen ins Ausland ein Bewusstsein für Demokratie und andere politische Systeme entwickeln.
  • Die Ein‐Kind‐Politik in China wird zunehmend zu einem negativen Faktor, da die Erwerbsbevölkerung gerade den Höhepunkt überschreitet. Bei einer Lockerung der Gesetze würde die Belastung durch die alternde Bevölkerung, die finanziell versorgt werden muss, im Laufe der Zeit sinken. Es erscheint denkbar, dass die Ein‐Kind‐Politik innerhalb der nächsten drei Jahre gelockert wird.

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