Dicker Fisch, magerer Köder
Jedes Jahr zahlen Versicherer Milliarden aus fälligen Lebensversicherungen aus. Um das Kapital im Unternehmen zu halten, gehen sie jetzt systematischer auf die Kunden zu und bieten renditestärkere Nachfolgeprodukte an.
Für die meisten Menschen dürfte es ein besonderer Moment sein: Nach jahrelangem Einzahlen in die Kapitallebensversicherung erhalten sie am Tag der Fälligkeit eine hübsche Summe Geld von ihrem Versicherer. Für diejenigen, die das Kapital nicht schon eingeplant haben, um das Haus abzubezahlen oder auf Weltreise zu gehen, stellt sich die Frage, was sie mit dem Geld machen wollen. Es wieder beim Versicherer anzulegen kommt für rund zwei Drittel der Kunden dabei nicht infrage. So das Ergebnis einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts Psychonomics. Danach wollen nur 11 Prozent der Versicherten ihrem auszahlenden Anbieter treu bleiben und das Kapital bei ihm reinvestieren.
Das dürfte die Versicherungsunternehmen wurmen, geht es doch um gigantische Summen. Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zufolge werden die Auszahlungen an Lebensversicherungskunden in diesem Jahr rund 67 Milliarden Euro betragen. Davon eignet sich aber nicht alles für eine Wiederanlage beim Versicherer. Beispiel: Allianz Leben. Beim Marktführer wurden 2006 rund 380.000 Lebensversicherungen zur Auszahlung fällig. Ohne Mini-Policen mit einer Ablaufleistung bis zu 5.000 Euro und Verträge, die schon fest für die Tilgung von Hypothekendarlehen eingeplant waren, eignete sich ungefähr die Hälfte für eine erneute Investition. Von diesen 50 Prozent steckten aber nur etwa 28 Prozent der Kunden ihr Geld wieder in ein Produkt der Allianz. Einen Grund hierfür sieht Udo Rössler, Sprecher Private Vorsorge bei der Allianz, in der Höhe der ausgezahlten Beträge: „Im Durchschnitt liegen die ausgezahlten Leistungen bei etwa 22.000 Euro. Für eine lohnende Verrentung zum Beispiel sind viele Auszahlungssummen zu gering. Das Geld fließt dann vielfach in den Konsum.“
Renditen überzeugen nicht
Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb den Versicherern die Kunden und damit auch das Geld weglaufen. Laut Psychonomics- Studie wechselt jeder zweite Kunde den Anbieter, weil das Versicherungsunternehmen das gewünschte Produkt zur Wiederanlage nicht anbietet. Knapp 60 Prozent der Kunden sind mit den Konditionen ihres Versicherungsunternehmens nicht zufrieden. Das ist auch kein Wunder, findet Barbara Sternberger-Frey, stellvertretende Vorsitzende beim Institut für Kapitalanlage und Kreditrecht: „Banken und insbesondere Fondsgesellschaften bieten derzeit oft deutlich höhere Renditen als die Lebensversicherer.“
Das Standardwiederanlageprodukt der Versicherer ist die Rentenversicherung gegen Einmalbetrag, die sogenannte Sofortrente. Bei der R + V Versicherung bekommt ein 60- jähriger Mann, der einmalig 50.000 Euro in die private Rentenversicherung einzahlt, dafür ab dem Einzahlungsdatum eine garantierte Monatsrente von rund 185 Euro für den Rest seines Lebens. Hinzu kommt eine hochgerechnete Überschussrente von etwa 70 Euro, die aber je nach Anlageerfolg des Versicherers schwanken kann.
Ein Vorteil gegenüber Bankprodukten oder Erträgen aus Investmentfonds ist die steuerliche Begünstigung der ausgezahlten Renten: Nur der Ertragsanteil muss versteuert werden. Dieser richtet sich nach dem Alter des Versicherten bei Beginn der Rentenzahlung und beträgt bei Auszahlung mit 65 zum Beispiel 18 Prozent der Rente. „Insbesondere die Auszahlung als lebenslange Rente lohnt sich nur für kerngesunde Menschen, die eine sehr hohe Lebenserwartung haben. Alle anderen machen ein Minusgeschäft“, so Finanzexpertin Sternberger-Frey.
Kein flexibler Zugriff aufs Geld
Weitere Nachteile: Die Sofortrente ist eine Leibrente und wird bis zum Tod des Versicherten gezahlt. Stirbt er früh, ist der Rest des Geldes futsch. Will er das verhindern, muss er den Hinterbliebenenschutz oft extra regeln. Das drückt aber wiederum auf die Höhe der Rente. Das Kapital ist zudem fest investiert; wenn plötzlich doch das Hausdach neu gedeckt werden muss, steht das Geld nicht zur Verfügung, oder es sind Stornogebühren fällig. Wer also nicht unbedingt eine sichere Zusatzrente braucht, sollte sich nach einer Alternative umsehen.
Einige Versicherer wie die Allianz oder die Alte Leipziger haben inzwischen reagiert. Sie kupfern von ihren Konkurrenten, den Banken und Fondsgesellschaften, ab und bieten renditestärkere Produkte zur Wiederanlage an, etwa Fonds-Auszahlpläne. Dabei investiert der Kunde sein Kapital als Einmalzahlung in einen Investmentfonds, den er je nach eigener Risikoneigung und Angebot des Versicherers aussuchen kann. Wählbar sind auch der zeitliche Rhythmus und die Höhe der Auszahlungen.
Zudem kann der Anleger entscheiden, ob er nur die laufenden Erträge ausgezahlt haben möchte oder auch das Grundkapital antastet. Der Anleger kann dabei jederzeit über sein Geld verfügen. Allerdings gibt es auch hier Nachteile: „Der Anleger muss selbst festlegen, wie lange die Entnahmephase dauern soll. Wer den Entnahmebetrag zu hoch beziehungsweise die Laufzeit zu knapp kalkuliert, läuft Gefahr, im hohen Alter ohne Zusatzeinkommen dazustehen“, so Expertin Sternberger-Frey.
Möglich sind auch Kombinationen der verschiedenen Anlageformen. Clerical Medical verbindet etwa eine Art Fondsauszahl - plan mit einer Lebensversicherung. Der Kunde zahlt einmalig einen Mindestbetrag von 9.000 Euro. Das Geld fließt in einen von Clerical Medical aufgelegten Garantiefonds. Das Unternehmen verspricht dabei, dass der Rücknahmepreis eines Fondsanteils mindestens 80 Prozent eines einmal erreichten Höchststands ausmacht. Manko dieser Variante: Der Versicherte legt sein Kapital wieder für mindestens zwölf Jahre an. Zwar kann er den Vertrag vorher kündigen, muss dabei aber mit Abschlägen rechnen.
Fest verzinstes Parkkonto
Eine umfassende Analyse der individuellen Situation sollte der Kunde vor einer längerfristigen Wiederanlage auf jeden Fall vornehmen. Für diese Entscheidungsfindungsphase bieten immer mehr Versicherer eine Anlagemöglichkeit an. Auf einem sogenannten Parkkonto können die Versicherten ihr Kapital zu einem auf bestimmte Zeit garantierten Zins parken. Die Allianz sichert ihren Kunden derzeit 4,35 Prozent für drei Monate zu, andere Zinssätze in der Branche liegen um 3,5 Prozent für ein Jahr.
Dass die Wiederanlage ausgezahlter Lebensversicherungen ein wichtiges Geschäftsfeld ist, scheint bei der Assekuranz angekommen zu sein. Die Alte Leipziger Lebensversicherung beispielsweise hat sich für dieses Jahr eine Steigerung ihrer Wiederanlagequote um 4 Prozentpunkte auf 20 Prozent vorgenommen. „Es ist für uns sehr wichtig, langjährige Kunden auch weiterhin an uns zu binden“, sagt Frank Kettnaker, Vertriebsvorstand der Alten Leipziger. „Das Management der Wiederanlage steht stark im Fokus des Unternehmens.“
Dazu hat die Alte Leipziger das Wiederanlagemanagement systematisiert. Wie bei einem Countdown wird auf den Fälligkeitstag der Versicherung hin gearbeitet. Ein Jahr vor Ablauf informiert der Versicherer seine Vermittler, dass der Vertrag eines Kunden bald ausläuft. Drei Monate vor Ablauf werden die Kunden angeschrieben. Ab diesem Zeitpunkt fragt die Direktion in kürzeren Zeitabständen nach, ob der Kunde kontaktiert wurde, ob eine Wiederanlage erfolgt ist und wenn ja, in welches Produkt. Bisher ist die Alte Leipziger damit ganz gut gefahren. Kettnaker: „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“
Für die meisten Menschen dürfte es ein besonderer Moment sein: Nach jahrelangem Einzahlen in die Kapitallebensversicherung erhalten sie am Tag der Fälligkeit eine hübsche Summe Geld von ihrem Versicherer. Für diejenigen, die das Kapital nicht schon eingeplant haben, um das Haus abzubezahlen oder auf Weltreise zu gehen, stellt sich die Frage, was sie mit dem Geld machen wollen. Es wieder beim Versicherer anzulegen kommt für rund zwei Drittel der Kunden dabei nicht infrage. So das Ergebnis einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts Psychonomics. Danach wollen nur 11 Prozent der Versicherten ihrem auszahlenden Anbieter treu bleiben und das Kapital bei ihm reinvestieren.
Das dürfte die Versicherungsunternehmen wurmen, geht es doch um gigantische Summen. Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zufolge werden die Auszahlungen an Lebensversicherungskunden in diesem Jahr rund 67 Milliarden Euro betragen. Davon eignet sich aber nicht alles für eine Wiederanlage beim Versicherer. Beispiel: Allianz Leben. Beim Marktführer wurden 2006 rund 380.000 Lebensversicherungen zur Auszahlung fällig. Ohne Mini-Policen mit einer Ablaufleistung bis zu 5.000 Euro und Verträge, die schon fest für die Tilgung von Hypothekendarlehen eingeplant waren, eignete sich ungefähr die Hälfte für eine erneute Investition. Von diesen 50 Prozent steckten aber nur etwa 28 Prozent der Kunden ihr Geld wieder in ein Produkt der Allianz. Einen Grund hierfür sieht Udo Rössler, Sprecher Private Vorsorge bei der Allianz, in der Höhe der ausgezahlten Beträge: „Im Durchschnitt liegen die ausgezahlten Leistungen bei etwa 22.000 Euro. Für eine lohnende Verrentung zum Beispiel sind viele Auszahlungssummen zu gering. Das Geld fließt dann vielfach in den Konsum.“
Renditen überzeugen nicht
Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb den Versicherern die Kunden und damit auch das Geld weglaufen. Laut Psychonomics- Studie wechselt jeder zweite Kunde den Anbieter, weil das Versicherungsunternehmen das gewünschte Produkt zur Wiederanlage nicht anbietet. Knapp 60 Prozent der Kunden sind mit den Konditionen ihres Versicherungsunternehmens nicht zufrieden. Das ist auch kein Wunder, findet Barbara Sternberger-Frey, stellvertretende Vorsitzende beim Institut für Kapitalanlage und Kreditrecht: „Banken und insbesondere Fondsgesellschaften bieten derzeit oft deutlich höhere Renditen als die Lebensversicherer.“
Das Standardwiederanlageprodukt der Versicherer ist die Rentenversicherung gegen Einmalbetrag, die sogenannte Sofortrente. Bei der R + V Versicherung bekommt ein 60- jähriger Mann, der einmalig 50.000 Euro in die private Rentenversicherung einzahlt, dafür ab dem Einzahlungsdatum eine garantierte Monatsrente von rund 185 Euro für den Rest seines Lebens. Hinzu kommt eine hochgerechnete Überschussrente von etwa 70 Euro, die aber je nach Anlageerfolg des Versicherers schwanken kann.
Ein Vorteil gegenüber Bankprodukten oder Erträgen aus Investmentfonds ist die steuerliche Begünstigung der ausgezahlten Renten: Nur der Ertragsanteil muss versteuert werden. Dieser richtet sich nach dem Alter des Versicherten bei Beginn der Rentenzahlung und beträgt bei Auszahlung mit 65 zum Beispiel 18 Prozent der Rente. „Insbesondere die Auszahlung als lebenslange Rente lohnt sich nur für kerngesunde Menschen, die eine sehr hohe Lebenserwartung haben. Alle anderen machen ein Minusgeschäft“, so Finanzexpertin Sternberger-Frey.
Kein flexibler Zugriff aufs Geld
Weitere Nachteile: Die Sofortrente ist eine Leibrente und wird bis zum Tod des Versicherten gezahlt. Stirbt er früh, ist der Rest des Geldes futsch. Will er das verhindern, muss er den Hinterbliebenenschutz oft extra regeln. Das drückt aber wiederum auf die Höhe der Rente. Das Kapital ist zudem fest investiert; wenn plötzlich doch das Hausdach neu gedeckt werden muss, steht das Geld nicht zur Verfügung, oder es sind Stornogebühren fällig. Wer also nicht unbedingt eine sichere Zusatzrente braucht, sollte sich nach einer Alternative umsehen.
Einige Versicherer wie die Allianz oder die Alte Leipziger haben inzwischen reagiert. Sie kupfern von ihren Konkurrenten, den Banken und Fondsgesellschaften, ab und bieten renditestärkere Produkte zur Wiederanlage an, etwa Fonds-Auszahlpläne. Dabei investiert der Kunde sein Kapital als Einmalzahlung in einen Investmentfonds, den er je nach eigener Risikoneigung und Angebot des Versicherers aussuchen kann. Wählbar sind auch der zeitliche Rhythmus und die Höhe der Auszahlungen.
Zudem kann der Anleger entscheiden, ob er nur die laufenden Erträge ausgezahlt haben möchte oder auch das Grundkapital antastet. Der Anleger kann dabei jederzeit über sein Geld verfügen. Allerdings gibt es auch hier Nachteile: „Der Anleger muss selbst festlegen, wie lange die Entnahmephase dauern soll. Wer den Entnahmebetrag zu hoch beziehungsweise die Laufzeit zu knapp kalkuliert, läuft Gefahr, im hohen Alter ohne Zusatzeinkommen dazustehen“, so Expertin Sternberger-Frey.
Möglich sind auch Kombinationen der verschiedenen Anlageformen. Clerical Medical verbindet etwa eine Art Fondsauszahl - plan mit einer Lebensversicherung. Der Kunde zahlt einmalig einen Mindestbetrag von 9.000 Euro. Das Geld fließt in einen von Clerical Medical aufgelegten Garantiefonds. Das Unternehmen verspricht dabei, dass der Rücknahmepreis eines Fondsanteils mindestens 80 Prozent eines einmal erreichten Höchststands ausmacht. Manko dieser Variante: Der Versicherte legt sein Kapital wieder für mindestens zwölf Jahre an. Zwar kann er den Vertrag vorher kündigen, muss dabei aber mit Abschlägen rechnen.
Fest verzinstes Parkkonto
Eine umfassende Analyse der individuellen Situation sollte der Kunde vor einer längerfristigen Wiederanlage auf jeden Fall vornehmen. Für diese Entscheidungsfindungsphase bieten immer mehr Versicherer eine Anlagemöglichkeit an. Auf einem sogenannten Parkkonto können die Versicherten ihr Kapital zu einem auf bestimmte Zeit garantierten Zins parken. Die Allianz sichert ihren Kunden derzeit 4,35 Prozent für drei Monate zu, andere Zinssätze in der Branche liegen um 3,5 Prozent für ein Jahr.
Dass die Wiederanlage ausgezahlter Lebensversicherungen ein wichtiges Geschäftsfeld ist, scheint bei der Assekuranz angekommen zu sein. Die Alte Leipziger Lebensversicherung beispielsweise hat sich für dieses Jahr eine Steigerung ihrer Wiederanlagequote um 4 Prozentpunkte auf 20 Prozent vorgenommen. „Es ist für uns sehr wichtig, langjährige Kunden auch weiterhin an uns zu binden“, sagt Frank Kettnaker, Vertriebsvorstand der Alten Leipziger. „Das Management der Wiederanlage steht stark im Fokus des Unternehmens.“
Dazu hat die Alte Leipziger das Wiederanlagemanagement systematisiert. Wie bei einem Countdown wird auf den Fälligkeitstag der Versicherung hin gearbeitet. Ein Jahr vor Ablauf informiert der Versicherer seine Vermittler, dass der Vertrag eines Kunden bald ausläuft. Drei Monate vor Ablauf werden die Kunden angeschrieben. Ab diesem Zeitpunkt fragt die Direktion in kürzeren Zeitabständen nach, ob der Kunde kontaktiert wurde, ob eine Wiederanlage erfolgt ist und wenn ja, in welches Produkt. Bisher ist die Alte Leipziger damit ganz gut gefahren. Kettnaker: „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“
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