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in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 7 Minuten

Nachhaltige Kapitalanlagen Die 6 größten Bedrohungen für ESG

Exmoor-Pony in der Grafschaft Somerset in England.
Exmoor-Pony in der Grafschaft Somerset in England: Nachhaltiges Investieren wird immer mehr zum Standard. | Foto: Imago Images / Imagebroker

Nachhaltiges Investieren ist zwar inzwischen Mainstream, erlebte aber 2022 so einige Attacken. Experten von Morningstar identifizieren folgende sechs Hauptbedrohungen für ESG im Jahr 2023.

1. Anti-ESG-Sentiment

In den USA hat nachhaltiges Investieren einen Hurrikan der Kritik ausgelöst – mit Anschuldigungen, die von Täuschung und Ineffektivität bis hin zu einer geheimen Agenda reichen, um dem Kapitalismus und der Gesellschaft Werte aufzuzwingen.

Leslie Norton von Morningstar sagt dazu: „ESG könnte in den USA ab dem 3. Januar vor neuen Herausforderungen stehen, wenn die Republikanische Partei die Kontrolle über den US-Kongress übernimmt. Das könnte zu Anhörungen oder anderen Versuchen führen, ESG zu diskreditieren, einschließlich beispielsweise eines Gesetzesvorschlags, der im Senat eingebracht wurde, um Landwirte vor den bevorstehenden Klima-Offenlegungsregeln der US-Aufsichtsbehörde Sec zu schützen. ESG war das ganze Jahr über im Fadenkreuz der Republikanischen Partei, wobei die lautesten Kritiker einige aufstrebende Präsidentschaftskandidaten waren, darunter der Gouverneur von Florida, Ron De Santis. Tatsächlich kündigte der US-Bundesstaat kürzlich an, dass er 2 Milliarden US-Dollar von Blackrock verwalteten Vermögenswerten abziehen werde, weil der Asset Manager andere Ziele als Rendite verfolge. Blackrock wiederum verurteilte 'politische Initiativen wie diese, die den Zugang zu hochwertigen Investitionen opfern und dadurch die Rendite gefährden, was letztendlich den Bürgern Floridas schaden wird.' Andere von Republikanern kontrollierte Staaten haben bereits Geld von Blackrock abgezogen. Was passiert nun aber als nächstes?

David Sand von Community Capital Management meint: „Es wird viel Lärm und sehr wenig Handeln geben. Ich kann mir keine gesetzgeberische Einmischung in Portfoliomanagemententscheidungen vorstellen.“

Adam Fleck von Morningstar hält zwar die Diskussion für notwendig und positiv, um Wachstum und Reife der Branche voranzutreiben, aber er betont: „Die Berücksichtigung finanziell bedeutender ESG-Risiken und -Chancen ist ein entscheidender Teil der Bewertung der Aktie eines Unternehmens.”

 

 

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2. Bremsspuren bei Klimabemühungen

In diesem Jahr hat COP27 ESG-Anhänger enttäuscht. Abgesehen von der Zusage für einen neuen Fonds, um armen Ländern bei klimabedingten Schäden zu helfen, gab es keine Zusage zu ehrgeizigeren Zielen wie dem Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen oder dem Erreichen eines globalen Höchststands der Emissionen bis 2025. Darüber hinaus scheint es, dass in der Investmentbranche etwas in der Verpflichtung zur Bekämpfung des Klimawandels und der Einführung nachhaltiger Praktiken zu stocken scheint. Das ist auch eine Folge des Ukraine-Krieges und der Versuche, ESG-Themen zu politisieren. In den letzten Monaten hat die Energiekrise die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen erhöht, und einige Länder haben darauf mit einem verstärkten Einsatz von Öl, Gas und Kohle reagiert. Die Priorität vieler Regierungen ist die Energiesicherheit geworden.

Was wird nun aber auf COP28 passieren, die 2023 in den ölreichen Vereinigten Arabischen Emirate stattfinden wird? Werden die Lobbyisten für fossile Brennstoffe ihre Stimme erheben? Experten sagen, dass weitere Fortschritte erforderlich seien, um die Ziele des Pariser Abkommens von 2012 zu erreichen, aber nach COP26 sind die Maßnahmen zur schnellen Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels ins Stocken geraten.

Michael Field von Morningstar sagt dazu: „Wenn es um die Zukunft der Energie geht, müssen wir viel weniger Kohlenstoff emittieren als heute. Um dies zu erreichen, müssen die Investitionen in sauberere Kraftstoffquellen in den nächsten Jahren erheblich gesteigert werden, da wir aus heutiger Sicht einfach nicht den Pfad der CO2-Emissionen beeinträchtigen, der seinen Aufwärtstrend fast unvermindert fortsetzt.“

3. Greenwashing

Als deutsche Behörden im Mai 2022 die Deutsche Bank und ihren Vermögensverwalter DWS durchsuchten, entwickelte sich Greenwashing schnell von einer schlechten Marketingpraxis zu einem massiven Rechtsrisiko. Viel Kritik wurde im Zusammenhang mit Greenwashing laut und Fondsmanager (und Unternehmen) wurden beschuldigt, Kunden irrezuführen, indem sie die Nachhaltigkeitsattribute ihrer Produkte aufhübschen. Regulierungsbehörden in vielen Ländern versuchen, dieses Problem anzugehen. In Europa plant die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde die Einführung von Schwellenwerten für die Verwendung von Umwelt-, Sozial-, Governance- und Nachhaltigkeitsbegriffen in Produktnamen. Die britische Financial Conduct Authority hat ein Konsultationspapier zu den Sustainability Disclosure Requirements herausgegeben, das auf drei Labels (Sustainable Focus, Sustainable Improvers, Sustainable Impact), Nachhaltigkeitsangaben für alle Produkte und Vermögensverwalter und Anti-Greenwashing-Bestimmungen aufbaut. In Deutschland hat die Finanzaufsicht nach den Vorwürfen gegen die Deutsche Bank versprochen, ihre Prüfung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Fonds zu intensivieren.

Hortense Bioy von Morningstar kommentiert: „Die Navigation auf dem Markt für ESG- und nachhaltige Fonds wird auch 2023 eine Herausforderung bleiben, da die Greenwashing-Vorwürfe zunehmen. Die Aufsichtsbehörden sind entschlossen, gegen irreführende ESG-Behauptungen vorzugehen, um Endanleger zu schützen. Dies ist natürlich notwendig, um das Vertrauen wiederherzustellen, da ESG-Produkten derzeit viel Zynismus entgegengebracht wird.

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