Volkswirt Ulrich Kater
Die Aktienmärkte funktionieren auch ohne Deutschland

Volkswirt Ulrich Kater
Die Daten der vergangenen Wochen boten konjunkturell weiterhin nicht viel Anlass zur Freude, insbesondere in Deutschland. Die zyklischen Belastungen bleiben weiter hoch, die weltweite Nachfrage nach Industriegütern läuft nicht rund. Das trifft Deutschland und Südkorea aufgrund der Wirtschaftsstruktur besonders heftig.
Wie soll es der deutschen Industrie gutgehen, wenn die chinesischen Importe um...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die Daten der vergangenen Wochen boten konjunkturell weiterhin nicht viel Anlass zur Freude, insbesondere in Deutschland. Die zyklischen Belastungen bleiben weiter hoch, die weltweite Nachfrage nach Industriegütern läuft nicht rund. Das trifft Deutschland und Südkorea aufgrund der Wirtschaftsstruktur besonders heftig.
Wie soll es der deutschen Industrie gutgehen, wenn die chinesischen Importe um 7 Prozent im Jahresvergleich schrumpfen? Das chinesische Wirtschaftswunder ist vorbei, es war beeindruckend genug. Die US-Wirtschaft läuft besser, aber in Übersee ist die Politik bestrebt, wieder mehr Industrieproduktion ins eigene Land zurückzuholen. Auch hier ist also für die Industrie am Standort Deutschland keine durchgreifende Besserung zu erwarten.
Für die Perspektive an den Aktienmärkten sind die Standortprobleme in Deutschland allerdings eher zweitrangig. Der breite Aktienmarkt ist ein weltweiter Markt und die Weltwirtschaft wächst weiter – auch ohne Deutschland. Der Dax besteht aus weltweit operierenden Unternehmen, die immer weniger mit Deutschland zu tun haben, und am Ende den Index selbst verlassen, siehe Linde. Die gefährdeten Branchen wie Automobil sind bereits so niedrig bewertet, dass der nächste Schritt eher eine Übernahme als ein weiterer Kursrückgang wäre.
Die Probleme beziehen sich eher auf den Standort Deutschland und die Unternehmen, die auf ihn angewiesen sind, also Dienstleister oder sehr kleine Unternehmen sowie ihre Beschäftigen. Hier tut sich wenig. Der jüngste Hilferuf der Regierung nach einem nationalen Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit wirkt etwas hilflos, zumal nur die ewiggleichen Themen aufgerufen werden (Digitalisierung der Verwaltung, kürzere Genehmigungszeiten, mehr Fachkräfteeinwanderung). Dass mittlerweile die x-te Zielankündigung in diesen Feldern ohne wirkliche Konsequenzen ausgerufen wird, fällt Beobachtern auf.
Der Kapitalmarkt achtet ohnehin eher auf die abstrakten makroökonomischen Größen. Zentral ist hier weiterhin die Inflation. In den kommenden Monaten dürfte es in diesem Feld etwas ruhiger werden. Kommt es im Herbst nicht zum nächsten Energiepreisschock, dann gibt es bis in den November hinein Erfolgsmeldungen aus diesem monetären Krisengebiet. Insofern sollten sich die Renditen wieder etwas entspannen. Wirklich spannend wird es im ersten Quartal des kommenden Jahres. Dann zeigt sich, in welcher Höhe die Inflationsraten tatsächlich hängenbleiben.
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