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„Die Angst im Markt ist gut für den Dax“

Hartwig Webersinke: Der Professor der Hochschule Aschaffenburg ist Experte für Anlagetrends
Hartwig Webersinke: Der Professor der Hochschule Aschaffenburg ist Experte für Anlagetrends
Hartwig Webersinke ist Professor an der Hochschule Aschaffenburg und Experte für die Finanzmärkte und Anlagetrends.

DAS INVESTMENT.com: Was sind die Grundregeln der sogenannten neuen Normalität?

Hartwig Webersinke: Europa, Japan und die USA befinden sich in einer Überschuldungsphase. Die Niedrigzinsphase wird deswegen auch weiterhin Bestand haben, da sie Teil der Lösung der Schuldenkrisen der alten Welt ist. Das wirkt sich natürlich auf die Asset Allokation viele Anleger aus.

DAS INVESTMENT.com: Hat das schon wirklich jeder erkannt?

Webersinke: Das passiert erst langsam. Mit jeder Fälligkeit eines höher verzinsten Rentenpapiers kommen die Anleger mehr und mehr ins Grübeln. Dann stellt sich die Frage nach der Wiederanlage, deren Renditemöglichkeiten meist dürftig aussehen. Selbst die Rendite von Unternehmensanleihen, für manchen die Risikoträger im Portfolio, sind mittlerweile stark gesunken. Wenn dann Anleger unsicher sind, ob eine Lösung der Eurokrise möglich ist, wenden sie sich Sachwerten zu.

DAS INVESTMENT.com: Die Flucht in Sachwerte hält doch schon länger an.

Webersinke: Genau. Der Trend hält schon etwas länger an und hat dazu geführt, dass in den gefragten deutschen Ballungszentren die Immobilienpreise enorm gestiegen sind und der Dax mittlerweile die 8.000-Punkte-Marke durchbrochen hat. Nachdem 30 Jahre nicht viel passiert ist, befinden wir uns nun also in der Phase der Reallokation.

DAS INVESTMENT.com: Gibt es eine Blase am Anleihemarkt?

Webersinke: Die einzelnen Anleihesegmente sind mittlerweile abgegrast. Ausgangspunkt waren Investments in Staatsanleihen, dann waren Unternehmensanleihen beliebt und seit einigen Monaten gibt es ein größeres Interesse an Hochzinsanleihen.

Zum Teil ist das Anlegerverhalten besorgniserregend. Beispiel Mittelstandsanleihe. Da werden teilweise bekannte Namen mit mäßiger Bilanzqualität gekauft. Die Not einiger Anleger lässt sie in der momentanen Niedrigzinsphase merkwürdige Dinge tun. Ob bereits von einer Blase zu sprechen ist, ist schwierig. Klar ist, dass der Anleihemarkt teuer geworden ist, sowohl Staats- als auch Unternehmensanleihen.

DAS INVESTMENT.com: Sind den bereits alle Anleihesegmente überspielt?

Webersinke: Ein Segment, das zwar schon Zuflüsse gesehen hat sind Staats- und Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets. Sie sind aber noch nicht überhitzt. Es gibt dort noch höhere Renditen. Natürlich ist das aber verbunden mit einem höheren Risiko. Zumindest historisch gesehen. Denn manch ein Schwellenland ist vielleicht gar nicht so viel schlechter aufgestellt wie Europas Staaten mit ihrer Schuldenkrise.

DAS INVESTMENT.com: Warum ist Deutschland der sichere Immobilienhafen?

Webersinke: Auf jeden Fall braucht es zum sicheren Hafen eine gesunde Volkswirtschaft. Länder, die wirtschaftlichen Gegenwind haben, kommen für die Investoren eher nicht infrage. Dazu können Finanzierungsprobleme wie in Holland kommen. Somit ergeben Sachwertanlagen wie Immobilien in der stärksten Volkswirtschaft Europas, nämlich Deutschland, für viele Anleger Sinn. Es ist ein klares Angst-Investment.

Anhand des Beispiels Holland sieht man, dass es nicht nur einfach heißt „ab nach Nordeuropa“. Vielmehr differenzieren die Anleger. Aber auch hierzulande boomt nicht alles. Den Preisaufschwung erleben wir zwar in den Ballungszentren, auf dem flachen Land passiert aber gar nichts. Dort ist der Märkt illiquide.

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